Gössner auf Achterbahn der Gefühle
Oberhof (dpa) - Erst feierte Miriam Gössner beim Biathlon- Volksfest in Oberhof ihren zweiten Weltcup-Sieg, tags darauf musste sie zehnmal in die Strafrunde. Gleich beim ersten Schießen war im Verfolgungsrennen schon alles vorbei - die 22-Jährige traf keine einzige Scheibe.
„Wenn man fünf Fehler schießt, dann ist man erst einmal demotiviert“, sagte sie. Trotz 1500 Extra-Metern hatte Gössner am Ende einen Rückstand von lediglich 64,1 Sekunden auf Siegerin Olga Saizewa aus Russland. „Mit dem zehnten Platz nach zehn Fehlern kann ich noch einigermaßen zufrieden nach Hause fahren“, meinte die Garmischerin und kündigte an: „Ich habe ja gezeigt, dass ich schießen kann. Ich werde in den nächsten Rennen in Ruhpolding wieder angreifen.“
„Über die Schießfehler müssen wir reden“, kündigte Damen-Bundestrainer Gerald Hönig an. Vor allem Gössner hatte auf die veränderten Windverhältnisse im Vergleich zum Anschießen nicht reagiert. „Ich hatte weniger Wind erwartet, aber es war wohl doch mehr“, sagte die 22-Jährige. In der Gesamtwertung ist Gössner nun schon Zweite hinter Berger. Andrea Henkel ist vor dem nächsten Heimweltcup in Ruhpolding Gesamt-Dritte.
In Oberhof war Deutschlands neuer Biathlon-Liebling Gössner auch am Samstag phänomenal schnell unterwegs gewesen, gewann trotz zweier Strafrunden vor den fehlerfrei schießenden Tora Berger und Andrea Henkel. Die Thüringerin war am Sonntag über die zehn Kilometer nach vier Strafrunden als Siebte die beste der deutschen Skijägerinnen, führte sogar nach dem zweiten Schießen. „Dann habe ich ganz schön gezittert“, sagte sie.
Doch es ist vor allen Dingen ihr Verdienst, dass die Biathletinnen im Jahr eins nach Magdalena Neuner gar nicht so schlecht dastehen. Beim ersten Heim-Weltcup nach dem Karriereende der Rekordweltmeisterin zeigten die Skijägerinnen nicht unbedingt erwartete Extra-Klasse, waren schon im Staffel-Wettkampf ohne die erkrankte Henkel auf Platz drei gelaufen.
Nimmt man Gössners Sieg und ihre beiden zweiten Plätze in Pokljuka vor Weihnachten hinzu, ist sie ohne Frage die neue Leitwölfin - auch wenn es diesmal einen Rückschlag gab. Sie hat ein paar Kilogramm abgenommen - das ist das zweite Thema, auf das sie immer wieder angesprochen wird, und sie genauso nervt wie die ewige Frage nach Magdalena Neuner. Ansonsten, sagt sie, habe sich vor allem in ihrem Trainingsalltag nicht sehr viel verändert.
Mit ihrem Heimtrainer Bernhard Kröll, der schon Neuner formte, hat sie „ein Superverhältnis“. Kröll hat ihr viele Freiheiten gelassen. „Dass ich auf den Mount Blanc mit meinem Papa gehen durfte“, sagte Gössner. Oder, dass sie zwei Wochen in der Heimat ihrer Mutter, in Norwegen, trainieren durfte. Dank ihrer Schnelligkeit in der Loipe ist sie auch bei den Langläufern wieder gefragt. Einmal bei Olympia und einmal bei der Weltmeisterschaft hat sie schon ausgeholfen und jeweils Staffel-Silber gewonnen.