Greis will nicht mehr: Biathlon-Star hört auf

Kempten (dpa) - Seinen Humor hatte Biathlon-Star Michael Greis auch nach dem Rücktritt nicht verloren. Als der dreimalige Olympiasieger in Kempten sein Karriereende bekanntgegeben hatte, gab es am Ende einen Pokal, den Greis nach Staffel-Bronze bei der WM in Ruhpolding vergessen hatte.

Mit dem Finger wischte Greis über das Kristall und stellte mit einem Lächeln auf den Lippen fest: „Der ist ein bisserl verstaubt, so wie ich auch.“

Hinterherlaufen wollte Greis dann doch nicht. Für viele überraschend, aber für ihn selbst in jeder Hinsicht nachvollziehbar und auch konsequent, hat der 36-Jährige nach dem verpatzten Saisonauftakt einen Schlussstrich gezogen. „Es ist der definitive Rücktritt“, sagte er. „Jetzt werde ich die Schulbank drücken und ein bisschen was fürs Köpfchen machen.“ Greis studiert Internationales Management in Ansbach. Kurz vor dem Jahreswechsel will er auf Schalke sein Abschiedsrennen bestreiten. Genau wie Rekordweltmeisterin Magdalena Neuner, die im Frühling ihre Karriere beendet hatte.

Platz 67 im Einzel-Wettkampf beim Saisonauftakt in Östersund in der vergangenen Woche bleibt als letztes Resultat in der sportlichen Bilanz des Allgäuers stehen. „Der Kampfgeist, der Wille, Durchhaltevermögen, der Biss - all das war nicht mehr vorhanden. Ich habe eine gewisse Leere gespürt“, begründete er diese Leistung.

Für den Spätstarter, dessen Stern bei den Winterspielen 2006 in Turin mit seinen drei Olympiasiegen aufgegangen war, war es in seinem 265. Weltcup-Rennen das zweitschlechteste Ergebnis. Und es war Entscheidungshilfe: „Da habe ich gemerkt, dass es höchste Eisenbahn ist, die Karriere zu beenden.“

Greis war mit sich vollauf im Reinen, als er die Gründe für seine Entscheidung erläuterte. „Mir geht es ganz gut“, sagte er. „Ich bin superglücklich über die ganzen Erfolge. Jetzt kann ich ganz entspannt und ganz gelassen auf die Karriere zurückblicken“, sagte er und stellte fest: „Hey, es ist ein guter Zeitpunkt und der richtige Zeitpunkt. Ich hatte eine Super-Karriere.“

„Nicht nur wegen seiner Siege bei Olympia gehört Michael Greis zweifellos zu den größten Biathleten aller Zeiten“, stellte DSV-Generalsekretär und Sportdirektor Thomas Pfüller in einer Mitteilung fest. Greis sei „insbesondere in der Phase, in der unser Herrenteam einen kompletten Generationenwechsel verkraften musste, ein wichtiger Stützpfeiler für die ganze Mannschaft“ gewesen.

Bundestrainer Fritz Fischer, der langjährige Wegbegleiter von Greis, sagte: „Er wird mir fehlen. Aber ein Riesenkompliment für seine Entscheidung. Denn er macht Platz für einen Jungen im Team.“

Schon einmal, im vergangenen Winter, hatte Greis an Rücktritt gedacht. Da hatte er beim Weltcup in Antholz die mittlerweile weitaus jüngere Konkurrenz vorbeiziehen lassen müssen. Zuvor war er nach einer Sprunggelenks-Operation im Sommer und anschließender Krankheit zu früh in den Weltcup-Zirkus zurückgekehrt. In diesem Sommer schien der Altmeister jedoch auf einem guten Weg, erkämpfte sich einen Platz im starken und jungen deutschen Männer-Team.

Doch zu Beginn seines 13. Weltcup-Winters ging es wieder bergab. Und da der dreifache Weltmeister weiß, wie schwer es ist, im fortgeschrittenen Sportler-Alter aus dem Tief herauszukommen, zog er die Konsequenzen. Der dreifache Olympiasieger geht nun mit 21 Weltcup-Erfolgen, elf davon als Biathlon-Solist, und zwölf WM-Medaillen in die hochverdiente Sport-Rente. „Wenn der Kopf eine andere Richtung vorgibt, hat man keine Chance mehr, dass man da raus kommt.“

Schon zur Heim-Weltmeisterschaft in Ruhpolding im letzten Winter hatte sich der Weltcup-Gesamtsieger von 2007 gequält. Dort schaffte er trotzdem seine besten Saison-Ergebnisse. „Das war für mich sensationell. Ebenso das Staffel-Bronze.“ Nun stellt er die Langlaufski in die Ecke und hängt das Gewehr an den Nagel - Greis hat das wohl überlegt. Als sich sein Rücktritt herumgesprochen hatte, erzählte Greis: „Da ist schon die erste SMS da, ob ich Bock auf eine Skitour habe.“

Der Skijagd wird der Altmeister jedoch fehlen. Genau wie Rekord-Weltmeisterin Magdalena Neuner - lange Zeit neben Greis das Gesicht im deutschen Biathlon-Sport.