Henkel: Locker bleiben, Medaille gewinnen

Nove Mesto (dpa) - Locker bleiben, Medaille gewinnen: Bei ihrer wahrscheinlich letzten Weltmeisterschaft kann Andrea Henkel den Befreiungsschlag für die deutschen Skijäger schaffen.

Nach ihrer nutzlosen Biathlon-Gala im Verfolgungsrennen von Nove Mesto ist die 35-Jährige im Einzel-Wettkampf am Mittwoch die große deutsche Hoffnung. „Ich denke schon, dass ich zu denen zähle, die eine Medaille gewinnen können. Aber das sind mehr als drei“, sagt die achtmalige Weltmeisterin.

Eine Hauptrivalin ist die in Tschechien schon zweimal mit Gold dekorierte Norwegerin Tora Berger. Aber im Klassiker gibt es immer mal wieder die eine oder andere Überraschung, so wie etwa 2011 in Chanty-Mansijsk, als Tina Bachmann Silber holte. Genau darauf hoffen Nadine Horchler, Franziska Hildebrand und Miriam Gössner. „Das ist nicht mein Spezialrennen, aber ich freue mich trotzdem drauf. Ich will“, sagt Gössner, „ein gutes Rennen machen und gut schießen. Medaillenkandidatin bin ich vielleicht nicht, aber das heißt ja nicht, dass man kein gutes Rennen machen kann.“

„Wir haben sehr starke Schützinnen in unserer Reihe. Mit der Andrea, der Nadine und der Franziska“, findet Damen-Bundestrainer Ricco Groß. Er hofft genau wie sein Trainerkollege Gerald Hönig auf die Wende. „Klar, die Miri wird wieder eine kleine Wundertüte sein. Aber auch sie hat im Training schon hundertprozentige Schießleistungen angeboten“, erinnert der Olympiasieger.

Hönig führt die bisherige Medaillen-Flaute der Damen im Jahr eins nach Magdalena Neuner vor allem, aber nicht nur, auf zitternde Hände zurück. „Gerade die Stabilität am Schießstand geht uns ab. Obwohl wir in Oberhof im Training sehr stabile Ergebnisse hatten, ist es hier nicht gelungen, Stabilität hereinzubringen. Es fehlt der Schuss Lockerheit und Frechheit am Schießstand. Die Mädels wollen es sehr genau, sehr präzise machen.“

Selbst Routinier Henkel scheint vor der nervlichen Belastung nicht gefeit. „Wenn man eine Nummer um den Bauch hat, dann ist es anders als im Training.“ Für ihren langjährigen Heimtrainer Hönig ist genau dieser Aspekt der vielleicht zentrale Punkt der momentanen Misere. „Das ist eine komplexe Sache, die man beleuchten muss. Da spielen zum Teil Fragen der mentalen Stärke eine Rolle.“

„Nix Besonderes machen wollen“, hat sich Henkel deshalb vorgenommen. „Man darf sich nicht zu viele Gedanken machen. Man muss laufen und schießen und hoffen, dass am Schießstand alle Scheiben fallen.“ Wenn es ihr gelingt, in die vier Schießeinlagen den nötigen Schuss Lockerheit mitzunehmen, aber nur dann, ist alles drin.

Denn dem Schießen kommt im klassischen Einzelrennen über 15 Kilometer die größte Bedeutung zu. Pro Fehlschuss gibt es eine Strafminute. „Ich gehe ran mit dem Ziel, ich möchte hier eine Einzelmedaille“, sagt Andrea Henkel. Es wäre ihr 17. Edelmetall bei der 14. WM-Teilnahme. Und wenn es nicht klappen sollte, dann „brauche ich auch keine Streicheleinheiten, so nach dem Motto, arme Andrea. Das hilft dann auch nicht weiter“. So war Andrea Henkel am Sonntag, als es um nichts mehr ging, alles gelungen. Sie hatte sich als Sprint-33. ins Jagdrennen gemacht. „Das Rennen war schon fast gelaufen von der Startposition her. Sie konnte locker bleiben, hatte nichts zu verlieren. Und dann war sie in der Lage das abzurufen. Wenn ihr das im Einzel gelingt, das würde uns als Mannschaft gut tun“, sagt Hönig. Sein Schützling hatte die Verfolgung auf Rang sechs beendet. Wäre das Rennen isoliert gewertet worden, wäre sie Weltmeisterin geworden.