Mama on Tour: Kati Wilhelm wieder da
Oberhof (dpa) - Kati Wilhelm hat es gerade mal sechs Wochen zu Hause ausgehalten. Nur kurze Zeit nach der Geburt ihrer Tochter Lotta am 22. November ist sie wieder im Einsatz - als Biathlon-Expertin im TV.
„Ich habe immer gesagt, dass ich gleich wieder arbeiten will, auch wenn es schwer fällt, loszulassen“, sagt die Olympiasiegerin und Weltmeisterin bei ihrem ersten Weltcup-Einsatz für die ARD in Oberhof. „Es ist schon ein komisches Gefühl, wenn man jetzt nach sechs Wochen das erste Mal ein paar Stunden für sich ist, ohne sie.“
Früher strahlte die 35-Jährige oft vom Siegerpodest, jetzt zaubert die kleine Lotta ihr und ihrem Lebensgefährten Andreas Emslander, Cheftechniker der Deutschen, ein Dauerlächeln ins Gesicht. „Es ist einfach wunderbar, so einen kleinen Wurm zu haben. Am Anfang gerade kann man gar nicht fassen, dass die Kleine da meine Tochter ist und jetzt zu mir gehört“, erzählt die Thüringerin, die mit Lotta im Gepäck auch schon den legendären Oberhofer Birxstieg erklommen hat.
Ohne die Unterstützung ihrer Eltern hätte Kati Wilhelm den Weg zurück ins Arbeitsleben nicht so schnell geschafft. Die Großeltern haben in Oberhof Baby-Dienst, wenn die Mama auf Sendung ist. Auch bei den kommenden Weltcups in Antholz und Kontiolahti ist familiärer Beistand dabei.
Ihren Job als Fernseh-Expertin sieht die dreimalige Olympiasiegerin ohnehin nur als Berufung auf Zeit. „Mit der Zeit gewinnt man an Distanz zu den Athleten. Irgendwann ist es dann nicht mehr authentisch, wenn man dann von seiner eigenen Zeit spricht und das ist dann schon zehn Jahre her“, meint Kati Wilhelm und ergänzt: „Ich könnte mir für mich selbst auch noch andere Dinge vorstellen.“ Für das kommende Jahr hat sie erst einmal ihren Studienabschluss im Internationalen Management im Visier.
Weniger gute Aussichten sieht sie im Hinblick auf den deutschen Nachwuchs, gerade nach der Rücktrittsankündigung von Magdalena Neuner. „Es muss einem schon bange sein, weil in den letzten Jahren so wenig nachgekommen ist. Ein paar Jahrgänge sind einfach auf der Strecke geblieben“, erklärt Kati Wilhelm. Sie hatte bis zu ihrem Rücktritt im März 2010 zusammen mit Andrea Henkel, Uschi Disl, Martina Beck und Simone Hauswald für goldene Biathlon-Zeiten gesorgt.
Vor allem die Frauen blicken nach ihrer Einschätzung weniger erfolgreichen Jahren entgegen. „Man sieht es ja schon daran, wie schwer wir es haben, eine vierte Frau für die Staffel zu finden“, meint Kati Wilhelm, „vielleicht muss man einfach hoffen, mit den Alten noch ein paar Jahre über die Runden zu kommen und dass sich parallel noch etwas entwickeln kann.“ Die Männer hätten es da um einiges leichter: „Die hatten diesen Umbruch schon ein paar Jahre vorher, hatten lange dran zu knabbern. Aber jetzt haben sie auch wieder eine sehr gute Basis mit vielen jungen Talenten.“
Für die Heim-WM in Ruhpolding stellt Kati Wilhelm deshalb klare Forderungen. „Einige haben sich im Saisonverlauf von ihren Möglichkeiten her Luft nach oben gelassen. Gerade Michael Greis und Arnd Peiffer, aber auch Andi Birnbacher oder Daniel Böhm - es gibt genug Namen im deutschen Team, die den Norwegern das Leben schwer machen können. Und bei der Staffel müssen die Frauen zusehen, dass sie mal wieder in die Medaillenränge laufen“, meint die Expertin.