Mister Nice Guy: Fourcade gegen den Rest der Welt
Östersund (dpa) - Martin Fourcade kann eines so gar nicht ausstehen. Zu verlieren.
„Ich hasse es. Aber ich kann akzeptieren, wenn jemand besser oder stärker ist, als ich - danach tue ich aber alles, um selber wieder besser zu werden“, sagt der Biathlon-Superstar aus Frankreich und offenbart in seiner Einstellung, warum er so erfolgreich ist.
Denn Talent ist das eine. Aber der zweimalige Olympiasieger arbeitet ständig an sich, ohne dabei das Leben zu vergessen und zu genießen - für ihn genau die richtige Mischung. „Siegen ist keine Qualität, sondern eine Konsequenz. Ich denke ich bin hochmotiviert, gut organisiert und ich kann mich quälen.“
Zum Saisonauftakt in Östersund musste der Überflieger eine bittere Niederlage einstecken und seinem Dauerrivalen Emil Hegle Svendsen zum überlegenen Sieg gratulieren. Im Einzel landete der 26-Jährige nach sechs Fehlern abgeschlagen auf Rang 81. Nach dem ersten Schießen und vier Strafminuten schien Fourcade aufgeben zu wollen, trudelte das Rennen aus. „Das war nicht mein Tag und ein wirklich schlechter Einstieg. Ich werde das Rennen vergessen und mich auf den Sprint am Samstag fokussieren. Es kann ja nur besser werden“, sagte Fourcade süffisant. Am Sonntag hatte er noch Frankreich in der Mixed-Staffel zum Sieg vor Norwegen und Deutschland geführt.
Die Vorbereitung verlief für Fourcade alles andere als gut. Im Sommer verpasste er aufgrund der Erkrankung am Pfeifferschen Drüsenfieber acht Wochen intensives Training. „Ich habe zwar immer trainiert, in der Regel hat es aber nur für eine Stunde am Tag gereicht. Danach bin ich wieder voll ins Training eingestiegen und habe sehr hart gearbeitet, um gut vorbereitet zu sein“, erklärte Fourcade.
Diese Einstellung haben ihn zum Besten der Besten werden lassen. Er gewann die letzten drei Jahre den Gesamtweltcup, wurde in Sotschi Olympiasieger im Einzel und der Verfolgung, ist fünfmal Weltmeister und hat 29 Weltcupsiege. Aber Fourcade wäre nicht Fourcade, wenn er sich darauf ausruhen würde. Zu sehr liebt er das Gewinnen. „Ich weiß, dass diese Erfolge der Vergangenheit angehören. Jetzt konzentriere ich mich wieder darauf, was kommt“, sagt Fourcade, der in der Saison 2012/2013 alle fünf Weltcup-Kristallkugeln gewann.
Vor allem die Auseinandersetzungen mit Svendsen, einst als Duell zwischen Gentleman (Fourcade) und Flegel (Svendsen) tituliert, waren in der jüngsten Vergangenheit das Salz in der Biathlon-Suppe. Auf der eine Seite der immer höfliche und kultivierte Fourcade. Auf der anderen „SuperSvendsen“, dessen Selbstbewusstsein viele als pure Arroganz auslegen. „Ich ziehe keine Motivation aus dieser Rivalität. Ich denke nicht an ihn, wenn ich mich morgens rasiere“, meinte Fourcade, der zu Svendsen ein freundschaftliches Verhältnis hat.
Als Superstar sieht sich Fourcade selbst nicht. „Ich denke nicht in solchen Kategorien. Ich liebe meinen Sport einfach und versuche, dort immer mein Bestes zu geben“, sagt der Franzose, dessen letztes Ziel in diesem Jahr ein Sieg am 27. Dezember bei der World Team Challenge auf Schalke ist. Denn neben Biathlon bleibt kaum Zeit für andere Leidenschaften: „Aber Sport in Verbindung mit Marketing begeistert mich. Nicht jeder Fan kann zu einem Weltcup reisen, deshalb müssen wir die Show in die Städte bringen. Ich sehe es wirklich als gutes Marketing für unsere Disziplin.“
Da seine Dominanz für Fourcade zuletzt fast zur Gewohnheit wurde, wollte er sich dieses Jahr eine zusätzliche Herausforderung suchen. Er plante parallel zum Biathlon auch bei der Langlauf-WM zu starten. Doch nach dem Trainingsausfall hatte er angekündigt, darauf zu verzichten. Aber bei Fourcade weiß man nie.