Eisschnelllauf: Bangen um die Olympia-Fahrkarte

Calgary (dpa) - Der Deutschland-Express glich in Calgary eher einem Bummelzug. Trotz emsiger Führungsarbeit von Claudia Pechstein mussten die deutschen Eisschnellläuferinnen bei der ersten Team-Verfolgung der Olympia-Saison mit Rang elf einen gehörigen Dämpfer hinnehmen.

Die Berlinerinnen Monique Angermüller und Bente Kraus konnten mit der 41-jährigen Power-Lady kaum Schritt halten, so dass in 3:03,31 Minuten der blamable vorletzte Platz heraussprang. „Ich kann mir das nicht erklären“, sagte Gerd Heinze, der Präsident der Deutschen Eisschnelllauf-Gemeinschaft, voller Verbitterung. „Der Lauf war total unrhythmisch, ab der Hälfte ging gar nichts mehr“, kritisierte er und forderte die Trainer und Sportler auf, schnellstmöglich die Lehren zu ziehen, um die Olympia-Teilnahme zu sichern.

Teamchef Helge Jasch konnte das Desaster nicht erklären. „Das war komplett unbefriedigend. Das Team ist regelrecht auseinandergefallen“, konstatierte er nach der kraftlosen Vorstellung der Mannschaft, die in dieser Besetzung erstmals bei der WM 2013 in Sotschi zusammengelaufen war und als Vierter respektabel abgeschnitten hatte. „In den Kurven sind sie aufgelaufen, dann gab es Stolperer. Die Motorleistung des Teams hat einfach nicht gestimmt“, analysierte Jasch, nachdem Pechstein vier der sechs Runden lang Führungsarbeit leisten musste.

Jetzt geht das große Zittern um: Nur die besten acht Mannschaften nach den ersten vier Weltcups des Winters buchen die Olympia-Tickets für Sotschi. Die Ausgangsposition ist denkbar schlecht, anders als im Vorjahr, als das Deutschland-Trio zum Auftakt in Heerenveen gewann.

Da gehörte aber noch eine Stephanie Beckert, der Motor des Olympia-Gold-Expresses von Vancouver, zum Team. In dieser Saison gibt die Form und die scheinbar „verlernte Technik“ den Trainern Rätsel auf. „Deshalb haben wir entschieden, dass sich Stephanie zunächst auf die Einzelrennen konzentriert“, meinte Cheftrainer Markus Eicher. Erst kurz vor Olympia wolle man entscheiden, wer dann in Sotschi an den Start geht. Wie seine Athletinnen geht der Inzeller nach wie vor von der Olympia-Teilnahme aus. Ob der „Motor“ neu geschmiert werden kann, wird sich schon am Sonntag in Salt Lake City zeigen.

„Bei Olympia soll das Team an den Start gehen, das die besten Chancen hat, um eine Medaille zu laufen. Dies zu finden, ist Aufgabe der Trainer“, hatte Claudia Pechstein vor der Pleite von Calgary angekündigt. Von Medaillen redet im Team erst mal keiner mehr. Auch eine Verstärkung der Mannschaft durch Stephanie Beckert ist nach deren deprimierendem 15. Platz von Calgary nicht in Sicht. Die Erfurterin hatte zwar angekündigt, dass sie trotz des Dauerzoffs mit Pechstein, die ihr im Vorjahr öffentlich „Arbeitsverweigerung“ vorgeworfen hatte, für das Team bereitstünde. Doch mit ihren Leistungen bot sie sich nicht dafür an.

Da auch das Männer-Team die Saison nur mit Platz zehn eröffnete, sprach Jasch von einer Diskrepanz zwischen Einzel- und Team-Ergebnissen in Calgary. Auf Anhieb schafften immerhin drei Damen und drei Herren bei der ersten Weltcup-Station die Olympia-Norm. Jedoch ist auffällig, dass fast ausschließlich die Älteren die Szenerie bestimmen. Neben der 41-jährigen Pechstein haben auch die Sprinterinnen Jenny Wolf (34) und Judith Hesse (31) die 30 Jahre bereits überschritten.

Die größten Fortschritte wiesen die Langstreckler nach. Moritz Geisreiter pulverisierte als Siebter über 5000 Meter den deutschen Rekord. Im Duell mit Stephanie Beckerts Bruder Patrick drückte er in 6:13,03 Minuten seine Rekordmarke vom 9. Februar 2013 gleich um 3,78 Sekunden und machte einen Sprung in der Weltbestenliste von Rang 26 auf Platz 13. Beckert blieb in persönlicher Bestzeit von 6:14,21 Minuten auch unter dem alten Rekord und wurde Neunter. Auch er darf sich über die Olympia-Norm freuen, weil in der „bereinigten Liste“ nur drei der vor ihm rangierenden fünf Niederländer gewertet werden.