Aufstand der Alpinen: Protest gegen Materialreform

Berlin (dpa) - Auf der Suche nach mehr Sicherheit im Skirennsport fordern die Alpinen ein verstärktes Mitspracherecht und zeigen dabei bislang ungekannte Einigkeit. Knapp 200 Aktive aus 16 Ländern wehren sich gegen die Materialreform des Weltverbands FIS.

In einem auch von zahlreichen Deutschen wie Maria Höfl-Riesch, Viktoria Rebensburg oder Felix Neureuther unterzeichneten Protestbrief wenden sich die Sportler gegen die zur Saison 2012/13 geltenden neuen Regulierungen der Skier. „Die Athletenmeinung wurde wie schon so oft einfach ignoriert“, klagte Kilian Albrecht, Vorsitzender der Athletenkommission.

Nach den schweren Stürzen der vergangenen Winter will die FIS den rasanten Sport mit mehreren Neuerungen ungefährlicher machen. Unter anderem wurde der minimal erlaubte Kurvenradius im Riesenslalom vergrößert, um durch längere Anrutschphasen die Geschwindigkeit zu verringern. „Diese neuen Dimensionen werfen unseren Sport um mehr als 20 Jahre zurück“, schreiben die Athleten in ihrer Protestnote, „wir alle wollen unseren Sport verkaufen und wir denken nicht, dass es uns helfen wird, 20 Jahre zurück zu gehen.“

Zudem befürchten sie durch den reduzierten Carving-Effekt, der die Ski-Verkäufe seit Mitte der 90er Jahre angekurbelt hatte, eine Benachteiligung von kleineren und leichteren Athleten. „Bisher hatten die Fahrer immer zehn Meinungen. Das aber jetzt ist das klarste Votum aller Zeiten. So etwas war noch nie da“, meinte Albrecht.

FIS-Renndirektor Atle Skaardal wies die Vorwürfe zurück und betonte, dass die Aktiven in einem Fragebogen ihre Meinung zu Sicherheitsfragen geäußert hätten: „Dabei ist das Material als wichtigster Faktor identifiziert worden. Ich kann nicht erkennen, warum sie sagen, dass sie nicht involviert waren“, sagte der Norweger der Nachrichtenagentur dpa.

Wenn man Veränderungen erkennen wolle, könne es nicht zu angenehm für jeden sein. „Wir sind immer noch erst am Startpunkt des Projekts für mehr Sicherheit im Skisport“, meinte Skaardal. Mitte Juli hatte das FIS-Council die Reform beschlossen, die noch nicht in der am 22. Oktober beginnenden Saison greifen soll.

Nach Ansicht von Experten greifen die Änderungen allerdings zu kurz. „Ich bin der Meinung, dass die Aktion eigentlich richtig ist, aber die Konsequenz die falsche“, sagte der deutsche Alpin-Direktor Wolfgang Maier. Die Verletzungen der jüngsten Vergangenheit hätten gezeigt, dass besonders eine gleichmäßige Präparierung der Pisten notwendig sei. Dass sich seine Sportler zu Wort melden, begrüßt der Alpin-Chef. „Ich bin nicht dagegen, dass sich die Athleten dazu äußern“, meinte Maier, „es ist vielmehr eine Bestätigung, dass sie eine gewisse Mündigkeit erreichen.“

Ob die Rennfahrer allerdings eine formale Stimme im Abstimmungsprozess der FIS über Materialänderungen bekommen, bezweifelt Skaardal. „Am Ende muss jemand die finale Entscheidung treffen“, sagte der FIS-Renndirektor. Dabei sei es nicht hilfreich, wenn „zu viele Interessen“ mit am Tisch säßen.