Lara Gut: Ein Schweizer Skistern auf Abwegen

Semmering (dpa) - Sperre durch den eigenen Verband, ein Gang vor das Sportgericht, dazu die drohende Klage ihres Vermarkters: Für einen der hoffnungsvollsten Jungstars im Skizirkus geht das Jahr nur abseits der Piste turbulent zu Ende.

Vor knapp zwei Jahren war Lara Gut mit zwei gewonnenen WM-Silbermedaillen im Alter von 17 trotz ihrer Alleingänge noch das umjubelte Küken im Schweizer Team. Inzwischen hat sich der Ton deutlich verschärft. Über einen „Affront“ schimpfte Verbandspräsident Urs Lehmann zuletzt.

Seit Beginn ihrer Karriere sucht die Allrounderin im Privat-„Team Gut“ ihren eigenen Weg, trainiert unter anderem im Sommer isoliert von den anderen Schweizerinnen. „Wir haben gesagt: Ja, das ist eine gute Athletin, wir versuchen mal diesen Weg“, erklärte der Schweizer Leistungssportchef Dierk Beisel das Sondermodell. „Wir haben ganz klare Abmachungen, was geht und was nicht.“

Mehrere Regelbrüche fügten der Beziehung Risse zu. Zunächst griff Gut in Interviews überraschend den Cheftrainer der Eidgenossen an. „Dort stand geschrieben, ich hätte nicht die Qualitäten eines Chefs“, wunderte sich ihr früherer Privatcoach Mauro Pini und forderte Respekt ein.

Da sie auch mehrfach Vorschriften missachtete, bei offiziellen Anlässen Kleidung des Verbands mit dessen Sponsoren zu tragen, sprach Swiss-Ski eine Sperre für die Rennen diese Woche in Semmering aus. Ein klärendes Gespräch mit Vater Pauli endete per Handschlag, doch wenige Tage flatterte dem Verband ein Brief ins Haus. Darin fordert das Team Gut eine Klärung der Sponsorenbeziehungen vor dem Internationalen Sportgerichtshof CAS.

„Der Pool-Vertrag muss unserer Ansicht nach überdacht werden, damit der einzelne Athlet mehr Möglichkeiten erhält, eigene Verträge mit Sponsoren abzuschließen“, teilte Team-Gut-Sprecher Roberto Mazza mit. „Eine Mediation vor dem CAS lehnen wir ab“, kontert Beisel. „Es geht um die Nachwuchsarbeit. Wenn das ganze System zusammenbricht, kann man diese nicht mehr unterstützen.“

Als „gutes Zeichen“ für die weitere Zusammenarbeit wertet der Sportchef, dass Gut zwischen Weihnachten und Neujahr mit der Schweizer Speed-Gruppe trainiert. Auch mit ihrem früheren Vermarkter droht Ärger: Die Agentur IMG pocht nach Guts Wechsel zur Konkurrenz auf einen vermeintlich bestehenden Vertrag und bereitet laut Schweizer Medienberichten eine Klage vor.

„Erfolgreiche Athleten haben Ecken und Kanten. Und die müssen sie auch haben, sonst wären sie nicht so erfolgreich“, meinte Beisel trotz der jüngsten Querelen. Denn bislang war das Privatteam Gut ein Erfolgsprojekt. Nach nicht einmal einem Jahr im Weltcup hatte sich das Sprachentalent im Dezember 2008 beim Super-G im heimischen St. Moritz als jüngste Siegerin in die Rekordbücher geschrieben. Zwei Monate später folgte der doppelte WM-Coup von Val d'Isère.

Vor der nächsten Saison geriet die aufstrebende Karriere allerdings ins Stocken, als sich Gut im Training die rechte Hüfte verletzte und ein Jahr aussetzen musste. Da neben den jüngsten Eskapaden auch ihr Umzug aus dem Tessin ins steuergünstige Arth für Verwunderung sorgte, gerät der „Ski-Liebling“ („Blick“) nun bei den heimischen Medien in die Kritik. „Warum konzentriert sie sich nicht aufs Skifahren?“, fragte der „Tagesanzeiger“.