Neureuther freut sich über „Wunder“ - Große Ziele
Flachau (dpa) - Top-Ergebnisse von den Damen sind die deutschen Alpinen seit Jahren gewohnt. In diesem Jahr steigern sich auch die Herren und „sind in der Weltspitze angekommen“. Platz vier und zwölf im Slalom sind zwar schön, aber für die heißen Skirennfahrer nicht mehr genug.
Vor den Augen seiner Schwester Ameli freute sich Felix Neureuther über ein „Wunder“. Vor wenigen Wochen konnte der Skirennfahrer wegen seiner Knieschmerzen nicht einmal Treppen steigen, jetzt fuhr er das dritte Top-10-Resultat im Slalom ein: Zehnter im Beaver Creek praktisch ohne Training, Dritter in Alta Badia und nun im Flutlicht von Flachau ein vierter Rang nur 0,31 Sekunden hinter dem Sieger Ivica Kostelic aus Kroatien.
„Das ist kein kleines Wunder, sondern eher ein großes. Ich habe wirklich drei Top-Platzierungen eingefahren mit meinem Körper und so wenig Training“, schwärmte Neureuther. Gerne hätte er der Schwester („Ich sehe sie nicht so häufig“) den zwölften Weltcup-Podestplatz seiner Karriere gezeigt. Doch auch ohne den Rang unter den ersten Drei freute sich der 27-Jährige auf Weihnachten in der Familie.
Mit einem „sehr guten Gefühl“ ging auch Sportdirektor Wolfgang Maier in die Weihnachtstage. Eine richtige Pause gibt es für die Alpinen aber nicht, denn wenn in manchem Wohnzimmer noch die Weihnachtsgans verdaut wird, trainieren die Skirennfahrer schon wieder für ihre Rennen. Am 28./29. Dezember stehen zwei Technik-Rennen für die Damen in Lienz/Österreich an. Die Herren fahren am 29. eine Abfahrt in Bormio/Italien.
Nach einem Sieg durch Viktoria Rebensburg und insgesamt sechs Podestplätzen durch zwei Damen und zwei Herren hoffen Maier & Co. auf weitere gute Resultate in der Saison, die nach den Feiertagen richtig an Fahrt aufnimmt. „Auf der deutschen Herren-Seite sieht man eine Bewegung, wie man sie sicher seit 15 Jahren oder länger nicht gesehen hat“, sagte Maier und glaubt das Team in der „Weltspitze angekommen“.
Auch mit den erfolgsverwöhnten Damen ist er trotz des einen oder anderen ausgebliebenen Top-Ergebnisses nicht unzufrieden. „Sie sind etwas unter den Erwartungen geblieben, aber nicht schlecht. Da sollte man schon die Kirche im Dorf lassen.“ Zudem fehlen die ehemalige Weltmeisterin Kathrin Hölzl, die bislang zweitbeste Speedfahrerin Gina Stechert und die zweimalige Weltcup-Podestfahrerin Susanne Riesch wegen Verletzungen. „Welche Nation verkraftet drei solche Ausfälle“, meinte Maier.
Von den Damen erwartet man nach WM-Titeln, Olympiasiegen und zahlreichen Weltcup-Erfolgen gute Ergebnisse. Nach Jahren der sportlichen Dürre sind nun auch die Herren nicht mehr nur mit Punkten zufrieden. Selbst dann nicht, wenn sie wie Fritz Dopfer auf Rang zwölf am Mittwoch die beste Slalom-Platzierung der Karriere eingefahren haben.
„Ich denke, dass wir deutschen Herren schon in Zukunft ein Wörtchen mitreden können. Wir werden definitiv nicht nur belächelt, das wird international schon zur Kenntnis genommen“, betonte Neureuther, der mit neuem Material deutlich stabiler als in den vergangenen Jahren unterwegs ist. Zudem ziehe man sich im Team gegenseitig hoch und es werde hart gearbeitet. „Ich hab' den Sommer gebuckelt wie ein Vollirrer, vielleicht ein bisschen zu viel.“
Voller Vorfreude machte sich Neureuther auf in die Weihnachtstage mit seiner Schwester und den Eltern und dachte an „viele Menschen, denen es nicht so gut geht“. Er selbst durchlebte in den vergangenen Jahren oft genug schwierige Zeiten. Nun genießt Neureuther den Ist-Zustand und ist voller Vorfreude auf 2012. „Der Januar ist bestückt mit so vielen schönen Rennen. Ich freue mich drauf, dass ich meine Slalomkünste wieder vorführen kann.“ Dann soll es endlich auch ganz nach oben auf das Podest gehen.