Karriereende erst 2022? Olympia-Fieber: Ski-Ass Neureuther schuftet für Pyeongchang
Garmisch-Partenkirchen (dpa) - Während hierzulande der Sommer dem Endspurt entgegensteuert, ist Felix Neureuther nicht nur in Gedanken längst schon wieder im Winter.
Dick eingepackt mit Schal und Mütze grüßte der deutsche Skirennfahrer dieser Tage via Facebook aus dem Schneetreiben in Neuseeland. Dort trainiert er für die neue Saison, in der er sich nach drei missglückten Winterspielen endlich den Traum von Edelmetall erfüllen will. Pyeongchang 2018 galt als letzte Olympia-Chance für den dann schon fast 34-Jährigen. Inzwischen aber liebäugelt der Routinier mit einer Zugabe in seiner Karriere, die dann theoretisch sogar bis Olympia 2022 in Peking gehen könnte.
Der jahrelang mit heftigen Rückenbeschwerden kämpfende Neureuther erwägt, nach Pyeongchang den Riesenslalom aufzugeben und sich auf seine erfolgreichste Disziplin zu konzentrieren. „Es kann sein, dass ich dann nur im Slalom weitermache und noch für zwei, drei, vier Jahre fahre“, sagte Neureuther der Deutschen Presse-Agentur.
Beim Deutschen Skiverband wäre die Freude über eine solche Entscheidung groß, aber Alpindirektor Wolfgang Maier bewertet die Aussage lieber zurückhaltend. „Jeder hat die Hoffnung, dass er mindestens noch bei der WM 2019 fährt. Aber man muss auch die Zeitmaschine sehen“, sagte Maier und meinte damit das Alter.
Der Partenkirchener ist seit Jahren das Aushängeschild im Team und der Erfolgsgarant. In der Saison 2017/18 greift er noch einmal an und nimmt dafür selbst Strapazen wie den den Einmal-um-die-Welt-Trip nach Neuseeland auf sich. „So eine intensive Vorbereitung hatte ich schon lange nicht mehr“, sagte er. „Aber es geht ja um Olympia.“ In genau einem halben Jahr stehen Neureuthers Rennen in Südkorea an.
Was danach dann konkret kommt, das ist offen. Über die Zeit nach den Winterspielen und auch nach der aktiven Karriere denkt Neureuther aber längst intensiv nach. Dass er in Garmisch-Partenkirchen bleibt, das ist fix. Zu sehr hängt er an der oberbayerischen Heimat, wo er auf der Straße immer wieder erkannt wird, sich gerne zu Selfies überreden lässt und immer wieder für verblüffte Touristen-Gesichter sorgt. „Nein, das gibts nicht, der Neureuther...“, sagte eine Frau auf der Terrasse einer Almwirtschaft, wo der Sportler jüngst nach dem Wandern mit seinem Hund Buddy für eine Apfelschorle einkehrte.
Mit seiner Freundin Miriam Gössner gründet Neureuther eine Familie, für das Skifahren im Weltcup - und zwei Disziplinen - bleibt bald vielleicht zu wenig Zeit. „Die Miri und ich, wir kriegen ja ein Baby, und dazu bauen wir gerade noch ein Haus“, berichtete Neureuther.
Der erfolgreichste deutsche Rennfahrer im alpinen Ski-Weltcup macht die Entscheidung über seine Zukunft von vielen Faktoren abhängig. Seine Form spielt da eine zentrale Rolle („Wenn ich sportlich nicht mehr auf höchstem Niveau fahren kann, dann würde ich aufhören“), das Umfeld im Verband („Man muss auch sehen, wie es beim DSV mit den Trainern weitergeht“) und nicht zuletzt die familiäre Situation.
Zunächst steht die Olympia-Saison im Fokus - auch wenn die Vorfreude auf Rennen im Wintersport-Niemandsland getrübt ist. Dazu kommt all die Kritik an Verbänden wie dem Internationalen Olympischen Komitee (IOC), das für Spiele an traditionellen Orten etwa in den Alpen keine Zustimmung findet und für die nächsten Auflagen nach Südkorea und China ausweichen muss. „Das ist nicht das, was ich mit Olympia verbinde“, sagte Neureuther.
Dass Pyeongchang und nicht München mit Garmisch den Zuschlag für die Spiele 2018 bekommen hat, das schmerzt Neureuther noch immer. Vor allem, wenn er daheim unterwegs ist. „Stell dir vor, wir könnten uns auf die Spiele nächstes Jahr hier in unseren Bergen freuen...“, sagte er, als er vor kurzem die malerische Partnachklamm hinaufspazierte und bei strahlendem Sonnenschein um sich blickte.
Inzwischen ist Neureuther von warmen Sommertagen mehr als 18 000 Kilometer entfernt. In Neuseeland hat er keine Zeit, unglücklichen Olympia-Vergaben nachzutrauern - schließlich gilt es, die Saison bestmöglich vorzubereiten. „Du darfst mit einem fünften, sechsten, siebten Platz nicht zufrieden sein, und eigentlich auch nicht mit einem dritten Platz“, sagte Neureuther. Er meinte damit sich, aber auch Teamkollegen wie Stefan Luitz und Linus Straßer. Mit der Einstellung will er den Winter rocken - der trotz aller Gedankenspiele ja doch auch sein letzter sein könnte.