Schnee stoppt Streifstart - Ferstl mit Papa-Tipps
Kitzbühel (dpa) - Gewichte stemmen, Squash und ein paar heiße Schleuder-Einlagen im roten Sportflitzer: Statt bei der Generalprobe für die große Streif-Show vergnügten sich die deutschen Speedfahrer abseits der Ski-Piste.
„Es wäre schon schade und enttäuschend, wenn kein Rennen stattfindet“, sagte Josef Ferstl nach der Absage des Super-G in Kitzbühel. „Ich hoffe, dass morgen die Abfahrt stattfindet.“ Bevor das deutsche Team beim Sponsorentermin per Auto die Spuren durch den Schnee zog, hatten die dicken Flocken das Ski-Mekka in ein Wintermärchen verwandelt - und den Auftakt des alpinen Weltcup- Wochenendes verhindert. „Priorität hat die Abfahrt, die Abfahrt ist das Highlight des Winters“, sagte der deutsche Alpin-Direktor Wolfgang Maier und zeigte Verständnis für die Absage in den frühen Morgenstunden. „Man versucht alles, dass man die sogenannte Königsdisziplin auch retten kann.“
Während die Wetterprognose allerdings auch für Samstag mit Nebel und dichten Wolken wenig Gutes verspricht, sind die Aussichten für Stephan Keppler & Co. insgesamt umso verheißungsvoller. Erstmals seit Jahren ist das erstarkte deutsche Team neben den beiden Slalom-Assen Felix Neureuther und Fritz Dopfer am Sonntag wieder mit drei Speedathleten in Kitzbühel am Start. „Wir sind gut auf Kurs“, sagte Herren-Cheftrainer Karlheinz Waibel mit Blick auf den Saisonhöhepunkt. „So etwas Besonderes darf es aber nicht sein. Es geht um die Entmystifizierung Kitzbühels.“
Seit 1995 ist zwar kein Deutscher mehr unter die besten Zwölf gefahren, dennoch sprechen selbst die Topathleten mit hoher Achtung von ihren Rivalen. „Keppler hat stellenweise immer gezeigt, dass er sehr schnell sein kann“, sagte der österreichische Mitfavorit Klaus Kröll über den Achten des Abschlusstrainings, „der macht heuer sicher noch ein Podest.“
Ein Platz unter den besten 30 wäre für den 23 Jahre alten Kitzbühel-Debütant Ferstl bereits ein Erfolg - auch wenn er die Tipps vom bislang letzten deutschen Hahnenkamm-Abfahrtssiegers aus erster Hand erhält. Sein Vater Sepp gewann 1978 und 1979 das prestigeträchtigste Rennen des alpinen Weltcups. „Wir haben uns schon unterhalten auf der Couch. Aber mir werden hier auch keine Sekunden gutgeschrieben. Ich muss da durch wie jeder andere auch“, berichtete der „Beppi“ gerufene Junior. Dranbleiben, attackieren und nicht passiv werden, erhielt er als Rat. „Sonst wird man schneller abgeschmissen, als man schauen kann.“
Auf der legendären Streif mit der 85 Prozent steilen Mausefalle, in der der Österreicher Hans Grugger voriges Jahr schwer verunglückte, sieht nicht nur Papa Ferstl die „erfahrenen Leut“ im Vorteil. „Die Strecke muss man kennen“, sagte Keppler, „ich habe sie so weit im Griff, dass ich soweit alles aktiv gestalten kann.“
Dank der größten Routine geht der Schweizer Didier Cuche zwei Tage nach seiner Rücktrittsankündigung zum Saisonende als Topanwärter ins Rennen. Mit seinem fünften Erfolg würde der 37-Jährige die österreichische Ski-Ikone Franz Klammer als Rekordsieger von Kitzbühel überflügeln. „Aber auch wenn es bei vier Siegen bleibt, werde ich weiter stolz sein“, meinte Cuche mit der ihm eigenen Gelassenheit, „dann werde ich mit Franz gemeinsam warten, bis einer fünf Siege hat.“