Ski-Ass Lara Gut krönt sich mit großer Weltcup-Kugel
Lenzerheide (dpa) - Im Moment ihres größten Erfolges ballte Lara Gut nur kurz die Fäuste und winkte zurückhaltend ins Publikum. Als die Schweizerin bei der Alpinen Kombination von Lenzerheide mit Zwischenbestzeit ins Ziel kam, war der vorzeitige Gewinn des Gesamtweltcups perfekt.
Dass es beim Sieg ihrer Teamkollegin Wendy Holdener nur zu Platz drei reichte, konnte die 24-Jährige verschmerzen. Schließlich kürte sie sich nach Jahren voller Höhen und Tiefen endlich zur besten Rennfahrerin der Welt und beendete ganz nebenbei eine 21 Jahre währende Durststrecke.
Erstmals seit dem letzten Triumph von Ski-Legende Vreni Schneider 1995 geht die große Kristallkugel der Damen wieder in die Schweiz. „Das freut mich natürlich“, sagte Gut, die im Zielbereich der Silvano-Beltrametti-Piste ein Dauergrinsen aufsetzte. „Auf der anderen Seite ist mir bewusst, dass noch drei Rennen offen sind.“
Rechnerisch ist der Kampf um die große Kugel aber entschieden. Weil Guts noch verbliebene Verfolgerin Viktoria Rebensburg nur noch an drei der letzten vier Rennen an den Start gehen wird, sind die 355 Punkte Rückstand nicht mehr aufzuholen. Die zweitplatzierte Lindsey Vonn hat ihre Saison nach einer Knieverletzung schon beendet.
Die letzte Woche wird also zur Triumphtour für Gut - zum Coup gratulieren lassen will sie sich aber erst ganz am Ende. „Ich kriege die Kugel erst am 20. März“, erinnerte sie. „Und bis dahin will ich nicht nur ins Ziel rutschen, sondern auch noch Rennen gewinnen.“ Satt scheint Gut nicht zu sein - so gefällt es der leidgeplagten Schweiz!
Was hatten die Eidgenossinnen in den vergangenen zwei Jahrzehnten doch für schwache Winter hinter sich: Seit Schneider 1995 letztmals den Gesamtweltcup gewann, fuhr die stolze Ski-Nation immer öfter nur hinterher, die Katastrophen-Saison 2004/05 etwa beendete das Team ohne einen einzigen Damen-Podestplatz. Aber die mageren Zeiten sind spätestens jetzt endgültig vorbei. „Das ist wunderbar. Und es ist höchste Zeit dafür“, hatte die Schweizer Rekord-Siegerin Schneider dem Nachrichtenportal „watson.ch“ schon vor Guts Erfolgsfahrt gesagt.
Für die mehrsprachige Rennfahrerin aus dem Tessin war es ein langer Weg. Im Februar 2008 hatte die damals 16-Jährige erstmal im Weltcup für Furore gesorgt, nach einer wilden Abfahrt in St. Moritz stürzte sie vor der Ziellinie, purzelte mit einem Ski über die Zeitmessung und kletterte trotzdem erstmals als Dritte auf das Podest. Mit dem Gesicht voll Schnee grinste der Teenager damals ins Publikum - und die Schweiz hoffte auf den neuen Superstar.
Die großen Erwartungen konnte sie dann aber lange nicht erfüllen. Immer wieder wurde Gut zurückgeworfen, durch Verletzungen oder Streits außerhalb der Piste. Acht Jahre später ist sie dennoch am Ziel. Dass Konkurrentinnen wie Anna Fenninger, Tina Maze, Mikaela Shiffrin und Lindsey Vonn gar nicht erst angetreten sind oder von Verletzungen gebremst wurden, schmälert die Leistung aber nicht. „Sie hat eine fantastische Saison hinter sich und hat es deshalb verdient, ganz vorne zu sein“, betonte Schneider.
Und Gut war ja nicht die einzige, die für Ekstase in Lenzerheide sorgte. Mit einem beeindruckenden Super-G gewann Holdener die Kombination und damit auch die kleine Kugel der Disziplinwertung. Im Ziel flossen bei der überwältigten Technikspezialistin Tränen.