Bescheidene Ziele: Springer denken nicht an Siege
Kuusamo (dpa) - Bescheidene Ziele, große Hoffnungen: Den deutschen Skispringern geht vor dem Weltcup-Auftakt am 27. November im finnischen Kuusamo jegliche Großspurigkeit ab. Statt zu reden, arbeiten sie.
Konzentriert, verbissen, ehrgeizig.
Jede Chance auf einen zusätzlichen Trainingssprung wird genutzt. Und danach sofort eine Auswertung über Sprechfunk. Egal ob alt oder jung: Das Maximum soll so schnell wie möglich erreicht werden. Denn es locken die Weltmeisterschaften im Skisprung-Mekka Oslo.
„Wer dort nicht dabei sein will, ist kein richtiger Springer“, sagt Michael Uhrmann. Der 32-Jährige aus Rastbüchl trägt erneut die Last der Verantwortung. Genau wie Martin Schmitt (Furtwangen) oder Michael Neumayer (Berchtesgaden). „Das sind nach wie vor die Besten, die wir haben. Ich gehe nicht nach dem Alter, bei mir herrscht das Leistungsprinzip“, sagt Bundestrainer Werner Schuster. Was im Umkehrschluss bedeutet, dass der so dringend benötigte Springer- Nachwuchs noch nicht stabil genug ist, um komplett die Verantwortung zu übernehmen. „Aber sie beginnen, das Niveau mitzubestimmen“, meint Schuster.
Der Coach hat die Hoffnung, dass sich das Sommertraining und die Tüfteleien der Forschungs- und Entwicklungsstelle für Sportgeräte (FES) in Sachen neue Bindung gelohnt haben. „Hinter uns liegen gute Wochen, besonders im athletischen Bereich waren wir sehr effektiv. Das Wetter hat aber leider für weniger Sprünge als geplant gesorgt“, erzählt Schuster. Der Österreicher holte seinen Landsmann Harald Pernitsch ins Team, um besonders im Kraft- und Athletikbereich neue Akzente aus sportwissenschaftlicher Sicht zu setzen. Und auch, um Erschöpfungszustände wie bei Schmitt im vergangenen Winter auszuschließen. Die Trainingspläne sehen wöchentliche Kontrollen vor, um einer Überbelastung schnell entgegentreten zu können.
„In der Mannschaft steckt jetzt mehr Substanz, wir sind weiter als voriges Jahr“, betont Schuster. Er hofft auf einen ähnlich erfolgreichen Saisonstart. Vor zwölf Monaten flog Pascal Bodmer (Meßstetten) in Finnland auf Platz zwei und eröffnete damit ein ganz starkes erstes Saisondrittel. „Das wäre natürlich toll, weil sofort der Druck heraus ist. Aber egal, wie der Start läuft: Wir wollen konstanter durch die Saison kommen. Abgerechnet wird in Oslo. Siege zu erwarten, wäre vermessen. Aber wir haben das Zeug, um die Top-Fünf mitzuspringen“, sagt der Bundestrainer.
Er weiß, dass mit Simon Ammann (Schweiz), seinen österreichischen Landsleuten Gregor Schlierenzauer und Thomas Morgenstern sowie Polens Altstar Adam Malysz gleich ein Quartett um die Siege springen wird. „Und dabei habe ich noch keinen Norweger, Finnen oder Japaner genannt“, bemerkt Schuster.
Wozu der deutsche Springer-Nachwuchs fähig ist, bleibt abzuwarten. Severin Freund (Rastbüchl) verdiente sich die Nominierung mit konstant guten Ergebnissen im Sommer-Grand-Prix. Bodmer hält weiter Anschluss zu den Etablierten. Maximilian Mechler (Isny) kehrt nach jahrelanger Abstinenz ins A-Team zurück.
„Er hat neue Dynamik mitgebracht. Er hat sich neu organisiert, ist nicht mehr so zerstreut. Ich hoffe, er nutzt sein Potenzial für eine gute Saison“, verteilt Schuster Vorschusslorbeeren. Wohlwissend, dass er mindestens einen der Jungen für das Team braucht. „Mit der Mannschaft wollen wir um Podestplätze kämpfen. Das ist realistisch, wenn jeder seine Leistung abruft“, sagt Schuster.