Bundestrainer Schuster: Wollen „Tagessieg landen“
Frankfurt/Main (dpa) - Deutschlands Skispringer haben durch ihre tollen Weltcup-Ergebnisse in diesem Winter eine neue Euphorie entfacht. Bundestrainer Werner Schuster mahnt dennoch vor überzogenen Erwartungen.
In einem Interview mehrerer Medien, darunter die Nachrichtenagentur dpa, äußerte sich der Österreicher zur Situation im deutschen Skisprung sowie zu den Gründen des Aufschwungs und den Chancen der DSV-Adler bei der Vierschanzentournee.
Die kurze Weihnachtspause ist vorbei, am Freitag reist die Mannschaft zum Auftakt der Vierschanzentournee nach Oberstdorf. Mit welchen Erwartungen gehen Sie in den ersten Saison-Höhepunkt?
Schuster: „Die Chancen stehen besser als im Vorjahr, denn wir sind jetzt einen Schritt weiter. Wir wollen einen Podestplatz oder im besten Fall sogar einen Tagessieg landen. Das wäre ein Zeichen der Weiterentwicklung.“
Können Severin Freund, Richard Freitag oder Andreas Wellinger sogar um den Gesamtsieg mitspringen?
Schuster: „Ich bin überzeugt, wenn wir auf dieser Leiter die nächsten Schritte künstlich beschleunigen wollen, dann werden irgendwann auf der Sprosse mal ins Leere treten. Wir müssen Schritt für Schritt vorangehen. Deshalb sagt mir mein Instinkt, dass es total falsch wäre, die Zielsetzung zu verändern.“
Können Sie das begründen?
Schuster: „Borussia Dortmund war Champions-League-Sieger, dann waren sie im Keller und jetzt haben sie sich wieder aufgerappelt. Aber wenn sie gegen den FC Barcelona spielen, können sie nicht hergehen und sagen, die hauen wir weg. Das wäre unseriös. Das würde Jürgen Klopp auch nie sagen. Aber die haben die Qualität, auch Barcelona zu schlagen. Genau in dieser Situation sind wir. Wir haben die Qualität aufgebaut, aber wir haben viele junge Springer, die nicht jeden Tag gleich gut sein werden.“
Nach drei Weltcupsiegen, zwei durch Freund, einer im Team, ist die Euphorie bei den Fans aber groß. Wollen Sie die bremsen?
Schuster: „Wir freuen uns, dass es gelungen ist, noch mehr Interesse zu wecken. Das ist ein riesiges Privileg. Diese Geister wollen wir auch nicht vertreiben. Doch ohne künstlich zu bremsen: Es wäre unseriös, von anderen Zielen zu sprechen.“
Dennoch ist offensichtlich, dass ihre Schützlinge in der Weltspitze angekommen sind. Macht Sie das zufrieden?
Schuster: „Es ist eine sehr schöne Momentaufnahme, wenn man sieht, was wir die letzten Jahre geschafft haben. Wir haben den Umbruch mit Bedacht, mit Akribie vorangetrieben. Im Moment macht es sehr viel Freude, mit der Mannschaft durch die Welt zu tingeln.“
Worin sehen Sie die Gründe für den Aufschwung?
Schuster: „Es sind die Basiskompetenzen, die uns so stark machen. Da ist erstens die Athletik, wo wir uns enorm weiterentwickelt haben und die Belastbarkeit viel höher ist. Dann die technische Linie, die vereinheitlicht wird, Jahr für Jahr besser greift im Zusammenspiel von A-, B- und C-Kader. Das sind die zwei Hauptsäulen im Skispringen. Der dritte Punkt ist, dass die Materialschiene sehr gut abgedeckt ist. Die vierte Geschichte ist, dass das Team stimmiger wird. Uns eint das gemeinsame Ziel. Wir haben ein Ambiente, in dem die Leute ihr Leistungspotenzial auch ausschöpfen.“