DSV-Springer noch nicht reif für den großen Wurf
Bischofshofen (dpa) - Gewogen, aber für zu leicht befunden: Die Ambitionen der aufstrebenden deutschen Skispringer haben bei der von Österreichs Superfliegern um Triumphator Gregor Schlierenzauer dominierten 60. Vierschanzentournee einen Dämpfer erhalten.
„Es ist sehr lehrreich gewesen für uns alle. Wir haben nicht den großen Wurf gelandet. Wenn man diese Großveranstaltung gewinnen will, dann muss man extrem komplett sein“, fasste Bundestrainer Werner Schuster den durchwachsenen Auftritt bei der Jubiläumsveranstaltung zusammen.
Zwar landeten in der Gesamtwertung mit Severin Freund (7.) und Richard Freitag (10.) erstmals seit drei Jahren wieder zwei DSV-Adler in den Top Ten. Doch das gesteckte Ziel, im Tagesgeschäft ganz vorne mitzumischen und im Tourneeklassement um einen Podiumsplatz zu kämpfen, wurde deutlich verfehlt. „Wir haben alles probiert, mussten aber erkennen, dass es nicht gereicht hat“, räumte Schuster ein.
Während die Anschlussspringer Michael Neumayer und Maximilian Mechler ihr Potenzial weitgehend ausschöpften, zeigten die Frontmänner Freund und Freitag erstmals in diesem Winter Schwächen. „Severin war technisch nicht auf der Höhe. Auf Richie ist viel eingeprasselt. Der hat zu lange gebraucht, bis er sein Gefühl gefunden hat“, resümierte der Chefcoach und fügte hinzu: „Deshalb war es eine sehr lehrreiche Tournee, auf der wir aufbauen und uns weiterentwickeln wollen.“
Den kleinen Rückschlag auf dem langen Marsch zurück in die Weltspitze hatte Schuster nicht erwartet, überrascht wurde er davon allerdings auch nicht. „Wenn man so durcheinandergewürfelt wird von den Winden, von den Anlaufspuren, von den mentalen Anforderungen - dann muss man schon eine sehr gestandene Persönlichkeit und ein kompletter Sportler sein, um da zu bestehen. Die Österreicher sind da sehr weit, unsere Sportler noch nicht“, erklärte Schuster.
Freund schnupperte immerhin zweimal an einem Podestplatz. Als Vierter zum Auftakt in Oberstdorf fehlten ihm nur 0,3 Punkte, beim Neujahrsspringen fiel er im Finale vom zweiten auf den siebten Rang zurück. Dies warf den 23-Jährigen, der danach zweimal abstürzte, aus der Bahn. „Es wäre sehr bemerkenswert gewesen, wenn wir die Vorleistungen noch einmal hätten toppen können. Es ist noch nicht die Stabilität da“, meinte Schuster.
Er setzt auf den Faktor Zeit, denn sowohl Freund als auch Freitag haben ihre Karriere noch vor sich. „Gregor Schlierenzauer, der ein absoluter Ausnahmespringer in der Geschichte des Skisprungs ist, hat fünf Jahre gebraucht, um diese Veranstaltung zu gewinnen. Er hat immer eine mentale Stärke gehabt, aber diese Komplettheit muss man sich im Laufe der Jahre erwerben“, sagte Schuster.