Österreichs Skispringer im Neuaufbau

Bischofshofen (dpa) - Sieben Jahre lang feierten Österreichs Ski-Adler beim Tournee-Finale in Bischofshofen eine rauschende Siegesparty. Nun sind die rot-weiß-roten Herrschaftszeiten vorbei.

Österreichs Skispringer im Neuaufbau
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Wie schon bei der Weltmeisterschaft 2015 geben die eine Dekade lang dominierenden ÖSV-Springer auch bei der 64. Auflage der Traditionstour nicht mehr den Ton an. „Sie haben eine extrem erfolgreiche Ära hinter sich. Heinz Kuttin hat jetzt die Aufgabe, eine neue Mannschaft aufzubauen“, sagte Bundestrainer Werner Schuster zur Situation in seiner Heimat.

In Michael Hayböck (4.) und Titelverteidiger Stefan Kraft (8.) gibt es zwar immer noch zwei Topleute, dahinter klafft aber ein riesiges Loch. In der Nationenwertung ist Österreich hinter Deutschland, Norwegen und Slowenien auf Rang vier abgerutscht.

„Es ist sensationell, was Kraft und Hayböck bisher schon geleistet haben. Das schaffen die wenigsten Nationen, dass man nach einer Goldenen Generation gleich wieder zwei nachschießt“, erklärte Schuster. Allerdings sei das Team nicht mehr so breit aufgestellt. „Das ist der natürliche Lauf der Zeit. Und das ist auch gut so, denn sonst wären immer die Selben vorne“, sagte er.

Vorbei sind die Glanzzeiten, als alle neidvoll ins Alpenland blickten. Jahrelang zauberte der Österreichische Skiverband (ÖSV) ein Talent nach dem anderen aus dem Ärmel und dominierte nach Belieben die gesamte Skisprungwelt. Wie oft griff Ex-Coach Alexander Pointner auf dem Trainerturm erst zur Fahne, als alle anderen Kollegen ihre schon eingerollt hatten? Und dann rauschten die Super-Adler die Schanzen herunter, holten Titel um Titel und teilten sich die Erfolge untereinander auf.

Seit 2007 holten die ÖSV-Springer zehn Weltmeistertitel, gewannen dreimal olympisches Gold sowie viermal den Gesamt-Weltcup. Die Nationenwertung war in den vergangenen elf Jahren neunmal fest in österreichischer Hand. Die vergangenen sieben Jahre hat immer ein ÖSV-Adler die Vierschanzentournee gewonnen. Dabei standen sie in den 28 Tournee-Einzelwettbewerben 19 Mal ganz oben auf dem Treppchen.

Pointners Nachfolger Kuttin hat nun das schwere Erbe angetreten, das die zurückgetretenen Stars Thomas Morgenstern, Wolfgang Loitzl und Martin Koch sowie die noch aktiven Gregor Schlierenzauer und Andreas Kofler hinterlassen haben.

Superstar und Weltcup-Rekordmann Schlierenzauer springt nur noch hinterher und reiste schon vor dem Abschlussspringen ab. Kofler war gar nicht erst dabei. „Es ist es schwierig, das Loch zu stopfen. Jetzt sind andere dran. Die Norweger mit einer jungen Mannschaft, wir mit einer jungen Mannschaft und die Slowenen“, stellte Schuster fest.

Für die Verschiebung des Kräfteverhältnisses hat Kuttin eine plausible Erklärung. „Die anderen Nationen haben viele österreichische Trainer geholt, um hinter das Erfolgssystem zu blicken“, sagte er. Sein Vorgänger Pointner sieht schwere Zeiten aufziehen, denn seiner Ansicht nach verkenne man im Verband die Lage: „Noch wird alles schöngeredet.“