Vierschanzen-Tournee Sie spielen jetzt aufs Tor mit den eigenen Fans
Warum der Österreicher Stefan Kraft im Tournee-Dreikampf zu favorisieren ist — Mordsgaudi in Innsbruck und Bischofshofen.
Innsbruck. Am Dienstag beginnt mit der Qualifikation in Innsbruck (14 Uhr/ARD und Eurosport) die zweite Halbzeit der Vierschanzentournee. Die Springen in Oberstdorf und Garmisch-Partenkirchen waren mit 25 500 beziehungsweise 20 000 Zuschauern ausverkauft.
Jetzt wird es noch stimmungsvoller. Und fanatischer. Der Österreicher Stefan Kraft gehört zu einem internationalen Trio, das den Tourneesieg vermutlich unter sich ausmacht. „Der Kamil Stoch und der Daniel Andre Tande sind in einer Superform, aber ich bin auch bereit“, sagt der 23-Jährige vom SV Schwarzach-Salzburg. „Es ist was ganz Besonderes, wenn man endlich heim kommt. Die Springen zu Hause geben einem den Sonderkick. Es ist alles angerichtet in Österreich.“ Klarer Fall von Heimvorteil: Die Österreicher spielen die zweite Tournee-Halbzeit auf das Tor mit den eigenen Fans. Am Dienstag und Mittwoch soll der Mythos Bergisel sie beflügeln.
„Wir freuen uns auf unsere Heimspringen“, sagt Cheftrainer Heinz Kuttin sehnsuchtsvoll seufzend. In Oberstdorf hatte er noch drei Springer unter den besten Fünf, aber auf der verflixten deutschen Schanze in Garmisch-Partenkirchen haben es „die anderen nicht so zusammengebracht und Punkte liegen lassen“: Michael Hayböck rutschte als Tageszehnter auf Gesamtrang sechs ab, Manuel Fettner als Tageszwölfter auf Gesamtrang sieben. Kuttin: „Für das, was wir uns vorgenommen haben, war das nicht befriedigend.“ Es soll nach dem Triumphzug des Slowenen Peter Prevc vor einem Jahr wieder ein Tourneesieg made in Austria werden.
Dafür arbeiten alle Sieben im Tournee-Team des Österreichischen Skiverbandes (ÖSV), die bei den Heimspringen noch von sechs Springern der sogenannten nationalen Gruppe Zuwachs bekommen.
„Wir haben eine sehr positive Stimmung im Team. Das war nicht immer so“, sagt Andreas Kofler (16. der Tourneewertung). Das beste Beispiel: Als Kraft im Schanzenauslauf von Oberstdorf auf die Punkte der Jury wartete, sprangen ihm sprichwörtlich seine Teamkollegen daumendrückend zur Seite: der Kofi, Zimmerkollege Michi Hayböck und der Fetti — der sprang gar über die dicke Begrenzung des Auslaufs, um schneller beim Kraftl sein zu können. Alle vier waren in freudvoller Erwartung der Platzierung. Als die Eins aufleuchtete, jubelten sie wie bei einem Mannschaftswettbewerb. Die rot-weiß-roten Teamspringen gehen jetzt so richtig los. Es soll werden wie vor zwei Jahren, als Stefan Kraft die Tournee gewann. „Daran halte ich mich nicht so fest“, sagt der Fan des FC Bayern. „Natürlich habe ich Erinnerungen im Kopf. Ich weiß vor allem, dass mir die Tournee gut liegt. Aber alles genau so machen zu wollen wie vor zwei Jahren, das hindert eher.“ Zudem springe er ein bisschen anders, seien es andere Konkurrenten.
„Die drei da vorne machen es irrsinnig spannend“, sagt Heinz Kuttin über den führenden Polen Stoch und den Norweger Tande, die seinen Schützling in den Schwitzkasten genommen haben. Wie sich Kraft laut Trainer daraus befreien soll: „Am Ruhetag gut regenerieren.“ Und am Montagnachmittag gingen sie „krafteln“, wie die Österreicher liebevoll die Einheit mit Gewichten umschreiben. „Dass wir richtig aufgeladen sind für Innsbruck“, sagt Kuttin.
Stefan Kraft war in Partenkirchen übrigens nicht angefressen, dass es eins auf die Mütze gab und er Tagesdritter wurde. „Die zwei waren einfach besser“, sagt der Mann mit dem Schriftzug „Stefan Kraft“ auf der Strickmütze. „Ich freue mich auch mit, wenn jemand von einer anderen Nation vorne ist, wir sind eine Skisprungfamilie. Ich weiß, was der andere dafür getan hat, ganz oben zu stehen. Ich hätte auch nicht so eine Mordsgaudi, wenn ich oben stehe und keiner freut sich mit. Ich gebe das gern zurück.“ Auch an die Fans.
Während Kraft das sagt, filmt ihn Michael Hayböck mit dem Smartphone und sagt kurz darauf: „Wir sind eher die lockeren Typen. Wenn einer mal nicht so gut drauf ist, dann gibt der andere eine auf den Deckel. Es schadet sicher nicht, wenn man positiv gestimmt ist.“ Vor allem in freudvoller Erwartung zweier Heimspiele.