Analyse: Athens Sparzusagen - werden sie eingehalten?
Athen (dpa) - Die zwei wichtigsten griechischen Parteien, die Konservativen und die Sozialisten, sind offensichtlich bereit, das harte Sparprogramm in die Tat umzusetzen.
Zudem sichern ihre Chefs nach langem Zaudern schriftlich zu, dass sie auch nach den Wahlen im April den eingeschlagenen Kurs weiter verfolgen wollen. Ist das aber glaubhaft? Daran wird in Athen - und zunehmend auch bei den Geldgebern - gezweifelt.
Die politische Landschaft in Griechenland ist nach den dramatischen Ereignissen der vergangenen zwei Jahre wie Treibsand. Traditionsreiche Parteien drohen darin zu verschwinden. Dann wären all die Versprechungen Makulatur.
Die Unterschriften der Parteichefs wollen die Geldgeber unbedingt haben. Was ist aber die Unterschrift des Sozialisten Giorgos Papandreou wert, wenn sich Umfragen bewahrheiten, nach denen seine Partei nur neun Prozent der Stimmen bekommt und in die politische Bedeutungslosigkeit abstürzt? Zudem wird Papandreou allen Anzeichen nach bei den Wahlen gar nicht an der Spitze seiner Partei stehen. Im März soll ein neuer Parteichef gewählt werden.
Unklar ist auch, inwiefern die Konservativen sich an heutige Zusagen halten werden können. Die Partei ist tief gespalten. 21 Abgeordnete stimmten im Parlament gegen das Sparprogramm und wurden aus der Partei rausgeworfen. Auch 22 Sozialisten stimmten gegen das Sparprogramm und wurden unabhängig.
Mittlerweile wären die unabhängigen Parlamentarier aller politischer Herkunft - wenn sie sich vereinigten - mit 63 Sitzen zweitstärkste Kraft im Parlament. 62 Abgeordnete hat die konservative Nea Dimokratia (ND), 131 haben die Sozialisten (Pasok).
Zudem gibt es die Kommunisten mit 21 Parlamentariern, die rechtsgerichtete LAOS-Partei (14) und das Bündnis der radikalen Linken (SYRIZA) mit neun Abgeordneten. Unter den Unabhängigen sind auch kleinere Gruppierungen wie die Demokratische Linke, eine gemäßigte Linkspartei mit vier Abgeordneten und die kleine bürgerliche Partei der Demokratischen Allianz der ehemaligen Bürgermeisterin und Außenministerin Athens, Dora Bakogianni.
Alle Umfragen deuten darauf hin, dass im neuen griechischen Parlament keine Partei die Mehrheit für die Bildung einer Regierung erreichen wird. Dann müssten die griechischen Politiker koalieren - sprich kooperieren. „Die Traditionsparteien reagieren allergisch auf dieses Wort“, sagt der griechische Journalist Spyros Sourmelidis, Chefredakteur Athener Zeitung „Paraskevi 13“.
Sozialisten und Konservative waren vergangenen November erst zusammengekommen, als das Land kurz vor der Pleite stand. „Wie sollen sie denn kooperieren, wenn im neuen Parlament acht bis neun Parteien sein werden, wenn sie es heute nicht so ganz richtig bringen, wo es nur fünf sind“, fragt sich Sourmelidis. Eine Kooperation mit den linken Parteien ist im Moment undenkbar. Sie haben alle gegen das Sparpaket gestimmt.
Zudem kommt die Frage auf, ob die etablierten Parteien überhaupt ein wirkliches Interesse daran haben, den Staat zu verschlanken und Staatsbedienstete - ihr ureigenes Klientel - zu entlassen. Bislang wurde der Staat kaum angetastet. Die Sparprogramme belasten fast ausschließlich die Rentner und die Angestellten, deren Einkommen in den vergangenen Jahren zwischen 20 und 50 Prozent gekürzt worden ist. Und das bei Supermarktpreisen, die zum Teil höher sind als in Deutschland. Mehr als eine Million Menschen sind arbeitslos, dabei hat das Land nur elf Millionen Einwohner.
Die politischen Kräfte des Landes müssten endlich einen „Plan B“ ausarbeiten, sagt Kostas Melas, Professor für Ökonomie an der Universität Athen, im griechischen Fernsehen. Sein Kollege Michalis Argyrou, der in Cardiff in Wales Ökonomie lehrt, geht hart mit den Parteien ins Gericht. Sie hätten gedacht, weil Griechenland klein und finanziell unbedeutend sei, würden die anderen Europäer das System weiter ohne echte Reformen finanzieren. „Damit sind zwei Jahre verloren gegangen.“