Analyse: Atomdebatte zwingt zu ruhigeren Wahlkampftönen

Waldshut-Tiengen (dpa) - Es sind die ersten Wahlkampfauftritte der Kanzlerin nach der Reaktor-Katastrophe in Japan - und natürlich geht es fast nur um das Thema Atom.

Für Angela Merkel ebenso wie für die Atomkraftgegner, die sie am Mittwochabend im südbadischen Waldshut-Tiengen und später auch in Offenburg erwarten und immer wieder mit Zwischenrufen zu stören versuchen. In Waldshut-Tiengen gibt es sogar einen geografischen Bezug: Der Ort liegt im Schatten mehrerer Schweizer Atomreaktoren.

Merkel setzt dort in der mit mehr als 1400 Besuchern überfüllten Halle trotz der Zwischenrufe auf auffallend leise Töne. Viele andere Themen, die sonst den Wahlkampf bestimmen, bleiben in der 30-minütigen Rede unerwähnt. Der baden-württembergische Ministerpräsident Stefan Mappus, Merkels Parteifreund, ist diesmal nicht an ihrer Seite. Er stellt sich zeitgleich im Fernsehduell seinem Widersacher Nils Schmid (SPD).

Die Wahlkampftrommel überlässt Merkel elf Tage vor der auch bundesweit bedeutenden Wahl im Südwesten dem baden-württembergischen CDU-Generalsekretär Thomas Strobl. Doch auch er sagt: „Nach den schrecklichen Ereignissen in Japan relativiert sich vieles von dem, was wir derzeit als wichtig und richtig ansehen.“ Doch zunächst gehe es um die Landtagswahl in Baden-Württemberg. Und die wolle die CDU gewinnen. Dementsprechend spart er nicht mit Angriffen auf die rot-grüne Opposition.

Die Kanzlerin zeigt sich verwundert über Irritationen zur angekündigten Aussetzung der verlängerten Atomlaufzeiten. „Wir haben da jetzt eine Diskussion, die etwas spitzfindig ist“, sagt sie in Waldshut-Tiengen. Der Plan der Regierung sei durch das Atomgesetz gedeckt. Dort gebe es einen Artikel, der den Fall regle.

„Wenn bestimmte Sicherheitsfragen auftreten, dann kann es eine Anordnung geben der jeweiligen Bundesländer, das Kraftwerk vorübergehend auszuschalten“, sagt Merkel. „Die Länder handeln nun im Auftrag der Bundesregierung.“ Am Abend hatte das Umweltministerium in Stuttgart offiziell die Abschaltung der Atommeiler Neckarwestheim I und Philippsburg I angeordnet.

In Offenburg beschwört Merkel später vor mehr als 2000 Besuchern die Gemeinsamkeiten. „Die Parteien sollten sich jetzt nicht in irgendwelche Diskussionen verstricken“, sagt sie. Schließlich wolle keine Partei in Deutschland neue Atomkraftwerke bauen. Es gehe nur um den Zeitpunkt, bis erneuerbare Energien den Atomstrom ersetzen könnten. Darüber müsse jetzt verhandelt werden.

„Nach den schrecklichen Ereignissen von Japan ist es jetzt die Stunde, geschlossen die Brücke zu den erneuerbaren Energien zu bauen“, ruft Merkel. „Wir werden alles dafür tun, dass dieser Weg über die Brücke nun schneller geht.“ Die Zwischenrufer kann das nicht befrieden. Sie wollen das Aus für die Laufzeitverlängerung. Und zwar sofort.