Analyse: Bomben am Feiertag
Hua Hin (dpa) - Die erste Bombe im Urlaubsort Hua Hin geht vor einer Bierkneipe hoch. Voller Panik rennen Gäste hinaus in die Nacht - kurz danach explodiert ein weiterer Sprengsatz. Eine Frau stirbt. Blutende Verletzte sitzen auf der Straße.
Sie können nicht fassen, was gerade geschehen ist.
Am Freitagmorgen folgt der nächste Schock: Noch mehr Bomben und Tote. Das lange Feierwochenende im thailändischen Strandbad endet im Grauen, noch bevor es begonnen hat.
Mindestens zehn Sprengsätze explodieren am Donnerstagabend und Freitagmorgen in mehreren thailändischen Städten. Ziele sind bei Touristen beliebte Straßenzüge und Polizei- oder Regierungsgebäude. Vier Menschen sterben, Dutzende werden verletzt, darunter auch drei deutsche Touristinnen.
Eigentlich wollten die Thailänder den 84. Geburtstag ihrer Königin feiern. Der Freitag ist ein Feiertag - geplant waren buddhistische Zeremonien, Feiern und ein Feuerwerk zu Ehren von Königin Sirikit. Viele Thais nutzten das lange Wochenende, um ihre Familien zu besuchen.
Ein Zentrum der Feierlichkeiten ist Hua Hin. Doch der Urlaubsort gleicht am Freitag einer Geisterstadt. Die Königin blickt von überlebensgroßen Porträts auf menschenleere Straßen. Spezialkräfte des Bombenentschärfungskommandos in weißen Plastikanzügen untersuchen die Tatorte.
Wer trägt die Verantwortung? Zu den offenbar koordinierten Anschlägen bekannte sich zunächst niemand. „Die Anschläge haben alle dasselbe Angriffsprofil“, sagt General Danai Kritmethavee. Thailands Militärregierung spricht nicht von Terrorismus, sondern von „lokaler Sabotage.“ Erst am vergangenen Sonntag hatten die Thailänder für eine neue, von der Junta unterstützte Verfassung gestimmt.
Ein hoher Polizeibeamter brachte die Explosionen mit dem Referendum in Verbindung. „Die betroffenen Provinzen haben für die Verfassung gestimmt“, sagte Polizeichef Chakthip Chaijinda in Bangkok. „Meiner Meinung nach besteht eine Verbindung mit den politischen Entwicklungen.“
„Diese Angriffe sollen Unruhe im Land erzeugen“, sagte der stellvertretende Regierungschef Prawit Wongsuwan. Die Menschen sollten darüber nachdenken, wer das Land auf diese Art verletzen wolle, sagte ein Regierungssprecher - ein möglicher Hinweis auf politische Gegner, vor allem Unterstützer des 2006 gestürzten Premiers Thaksin Shinawatra und seiner politischen Bewegung, die auch zum Zeitpunkt der jüngsten Machtübernahme der Militärs 2014 im Amt war. Der Süden Thailands ist allerdings traditionell eher gegen Thaksin eingestellt.
Hua Hin anzugreifen hat zudem hohen Symbolcharakter. Die Stadt steht auch für das Königshaus. König Bhumibol hat dort seinen Sommerpalast. Hua Hin ist nur 200 Kilometer von Bangkok entfernt. Die anderen Anschlagsziele - Patong auf der Insel Phuket sowie die Städte Surat Thani, Phang Nga und Trang - liegen weiter im Süden des Landes.
In den drei südlichsten, mehrheitlich muslimischen Provinzen an der Grenze zu Malaysia widersetzen sich separatistische Aufständische seit Jahren der Zentralregierung in Bangkok. Seit dem Wiederaufflackern des Konflikts 2004 starben mehr als 6000 Menschen in der Region, allerdings sind Anschläge außerhalb der drei Provinzen Pattani, Yala und Narathiwat selten.
Die Doppelexplosionen in Hua Hin tragen aber die Handschrift der Separatisten, wie die „Bangkok Post“ berichtet. Deren Taktik sei es, erst einen Sprengsatz zu zünden, und im darauf folgenden Chaos eine zweite, oft größere Bombe. Ziel seien möglichst viele Opfer. Ob die Täter durch die Anschläge die Militärmachthaber bloßstellen wollten oder sich die Explosionen auch gegen das im Land verehrte Königshaus richten, ist noch unklar. Dem Tourismus, einer wichtigen Einnahmequelle für die thailändische Wirtschaft, schaden sie auf jeden Fall.