Analyse: Die Ein-Mann-Partei Seehofer
München (dpa) - Horst Seehofer ist auf dem Zenit seiner Macht: Er lenkt und dirigiert die CSU nach Belieben. Auf dem Parteitag der angeblichen Dialogpartei findet nicht einmal ein Dialog über die geplante Koalition statt.
Es ist eine Macht- und Kraftdemonstration erster Güte, dieser CSU-Parteitag. Mit klaren Ansagen und ebenso klaren Forderungen sammelt Parteichef Horst Seehofer kurz vor der heißen Phase der Berliner Koalitionsverhandlungen noch einmal seine Truppen hinter sich. Auch wenn er die Truppen vielleicht gar nicht nötig hätte: Seit den beiden Wahlsiegen im September führt er die CSU nicht mehr nur als Vorsitzender - er allein bestimmt, wo's langgeht.
Das zeigt sich schon in formalen Dingen: Zwar beteuert Seehofer zu Beginn des zweitägigen Parteitags, er brauche die Rückendeckung der Delegierten. Andererseits aber hatte nicht einmal der eigene Parteivorstand in der Sitzung am Montag den Leitantrag zu den Koalitionsverhandlungen vorliegen, den Seehofer am Freitag zur Abstimmung stellen lässt.
Es gibt aber auch keinerlei Diskussionswillen: Ohne Aussprache und einstimmig wird das Papier von den Delegierten abgesegnet, das nochmals die Kernforderungen der CSU für den Berliner Schlussspurt zusammenfasst. „Das heißt aber nicht, dass wir keine diskussionsfreudige Partei sind“, beteuert Seehofer.
Klare Ansagen richten Seehofer und sein Generalsekretär Alexander Dobrindt vor allem an die SPD: Die Union habe die Wahl gewonnen, betonen beide. Deshalb müsse vor allem die Union ihre Forderungen zum Tragen bringen. „Wir können keinen Koalitionsvertrag machen, wo die SPD die Handschrift bestimmt“, sagt Seehofer. Andererseits gibt er sich diplomatisch: „Die SPD weiß, dass die Union die Wahl gewonnen hat und dass deshalb unsere wesentlichen Wahlanliegen berücksichtigt werden müssen. Und wir wissen umgekehrt, dass wir alleine nicht regieren können und da und dort Kompromisse machen müssen.“
Überhaupt: In den schwarz-roten Verhandlungswochen in Berlin trat Seehofer als prägende Stimme und Inspirator des Unionslagers auf - während CDU-Chefin und Kanzlerin Angela Merkel öffentlich viel schwieg. Auch in Teilen der CDU entwickelte sich nach dem Wahltriumph ein Grummeln, weil eigene inhaltliche Punkte öffentlich kaum glänzten.
Immerhin: Für den Freitagabend hatte sich Merkel wie üblich als Gast auf dem CSU-Parteitag angekündigt. Für sie ist es eine willkommene Gelegenheit, vor der heißen Verhandlungsphase für das Unionslager Flagge zu zeigen - anders als die mutmaßlichen Partner SPD und CSU trifft sich ihre CDU dieser Tage nicht zu einem eigenen Parteitag.
In der Sache legt sich Seehofer in einigen Punkten bereits fest: Die Pkw-Maut werde kommen und auch die Mütterrente werde im Koalitionsvertrag stehen, kündigt er an - auch wenn er natürlich betont: „Solange nicht alles vereinbart ist, ist nichts vereinbart.“ Andererseits hat die CSU ihre Forderung nach Volksabstimmungen aufgegeben - weil das die Schwesterpartei CDU nicht wollte.
Und auch personell hat Seehofer klare Vorstellungen, was die künftige Aufstellung in Berlin angeht - und tut diese zu einem Gutteil auch ohne Scheu kund. Fest steht, dass er Dobrindt zum Minister machen will. Und festgelegt hat er sich auch dahingehend, dass er für die CSU wieder das Agrar-Ressort beanspruchen will.
Auch darin zeigt sich Seehofers aktuelle Allmacht in der Partei: dass er Bundesinnenminister Hans-Peter Friedrich und Verkehrsminister Peter Ramsauer zappeln lässt. Friedrich hat zwar vor Monaten eine Jobgarantie von Seehofer bekommen - die wurde aber seither nicht mehr erneuert. Für Ramsauer gab es eine solche Garantie ohnehin nicht.
Dennoch wird in der CSU-Spitze fest damit gerechnet, dass die beiden auch dem künftigen Kabinett angehören werden. Als mögliche Variante wurde genannt, dass Friedrich Innenminister bleibt und Dobrindt Verkehrsminister wird. Ramsauer müsste dann das Agrar-Ressort nehmen.
An diesem Samstag steht aber zunächst eine andere Personalie an: Seehofer will sich von den Delegierten als Parteichef bestätigen lassen. Ein Top-Ergebnis scheint sicher. Noch. Auf dem nächsten Wahl-Parteitag in zwei Jahren könnten die Dinge schon wieder ganz anders aussehen.