Analyse: Eine Musterehe endet im verflixten siebten Jahr
Dortmund (dpa) - Mit dem Rückzug von Erfolgstrainer Jürgen Klopp zum Saisonende geht bei Borussia Dortmund eine große Ära zu Ende. Klopp prägte den BVB wie zuvor wohl nur Ottmar Hitzfeld.
Ähnlich wie Hitzfeld, der nach sechs Jahren, zwei Meistertiteln sowie dem Champions-League- und Weltpokaltriumph seine Mission beim BVB 1997 erfüllt sah, spürte Klopp in den vergangenen Wochen, dass sein Abschied für ihn und den Club nach sieben Jahren die beste Lösung sei. „Ich glaube, dass Borussia Dortmund tatsächlich jetzt eine Veränderung braucht. Und dazu muss ein großer Kopf weg. Das ist in diesem Fall meiner.“
Dass Klopp trotz des im Oktober 2013 bis 2018 verlängerten Vertrags im verflixten siebten Jahr die Scheidung der einstigen Musterehe selbst einreichte, ehrt ihn. Und zeugt von Weitsicht.
Geschäftsführer Hans-Joachim Watzke hatte stets betont, dass Klopp sich nur selbst entlassen könne, weil man ihm „unendlich viel zu verdanken“ habe. Um seine Zukunft muss sich der 47-Jährige, der sich als Trainer europaweit einen exzellenten Ruf erworben hat, keine Sorgen machen. Top-Vereine aus Spanien, Italien, Frankreich und vor allem England stehen längst Schlange.
Wie eng und vertrauensvoll die Zusammenarbeit des Triumvirats mit Watzke, Klopp und Sportdirektor Michael Zorc all die Jahre war, wurde bei der gemeinsamen Pressekonferenz noch einmal deutlich, als Watzke mit stockender Stimme das Ende des gemeinsamen Weges verkünden musste: „Das hat uns drei sehr angefasst.“
Die von Klopp geschriebene schwarz-gelbe Erfolgsstory wird immer ein unvergessliches BVB-Kapitel bleiben. Das ist Klopp auch wichtig. Der 2008 aus Mainz verpflichtete Stuttgarter führte die Westfalen zu zwei deutschen Meistertiteln 2011 und 2012. Im selben Jahr gelang auch der DFB-Pokalsieg - das erste Double der Vereinshistorie war perfekt.
2013 wurde man Meisterschaftszweiter hinter dem FC Bayern und verlor das deutsche Champions-League-Finale gegen die Münchner in London knapp mit 1:2. Zwar erreichte der BVB im Vorjahr noch einmal das Pokalendspiel in Berlin (0:2 n.V. gegen Bayern München), doch mit Beginn dieser Spielzeit begann ein kaum nachvollziehbarer sportlicher Absturz. Im Winter stand der Revierclub gar auf einem Abstiegsplatz.
Zwar rappelte sich das verunsicherte Team 2015 phasenweise auf, doch vom Glanz früherer Jahre mit Vollgasfußball zum Verlieben blieb der BVB meilenweit entfernt. Nicht nur beim 1:3 in Mönchengladbach am Samstag traten die Borussia-Profis wie von Abstiegsangst gelähmt auf.
Zorc, Watzke und Klopp hatte mit der Auswahl der Neuzugänge (u.a. Immobile, Ginter, Ramos, Kampl in der Winterpause) zuletzt auch das Transferglück verlassen. Im Gegenzug verlor der Revierclub nach Mario Götze (2013) in Top-Stürmer Robert Lewandowski im Vorjahr einen weiteren Eckpfeiler an den mittlerweile weit enteilten Konkurrenten aus München. Hinzu kam großes Verletzungspech mit zum Teil langen Ausfällen von Leistungsträgern wie Marco Reus oder Ilkay Gündogan. Alles Mosaiksteinchen in einer Katastrophen-Saison.
Es würde zu Dortmund passen, wenn Thomas Tuchel kommen würde, der nach dem selbst verordneten Sabbatjahr mit dem Hamburger SV nicht zusammenkam. Bereits in Mainz hatte der 41-Jährige Klopps Arbeit erfolgreich fortgeführt. Es wäre die bislang größte Herausforderung in Tuchels kurzer Trainerkarriere.
Nach „Bild“-Informationen hat der Revierclub ihm einen Vierjahresvertrag angeboten. Sollte Tuchel den Job bekommen, müsste er in die großen Fußstapfen seines Vorgängers treten. Klopp wollte sich nicht mehr mit seinem eigenen Wirken beim BVB messen lassen: „Solange ich hier bin, werde ich mit den vergangenen Erfolgen verglichen.“ Dieser Herausforderung muss sich nun ein neuer Trainer stellen.