Klopp verlässt den BVB: „Unglaublich schwerer Schritt“
Berlin (dpa) - Bei Borussia Dortmund geht die Erfolgsgeschichte von Jürgen Klopp zu Ende, beim Hamburger SV soll Bruno Labbadia als Trainer Nummer vier den Totalschaden abwenden: Sechs Spieltage vor Saisonende ist es in der Fußball-Bundesliga zu einem Trainer-Beben gekommen.
Als Profiteur aus der ungewöhnlichen Rochade könnte Thomas Tuchel hervorgehen, der lange vom HSV umworben worden war und nun erster Anwärter auf das reizvolle Erbe von Klopp ist. Auch aus Stuttgart kam am frühen Abend noch eine Trainer-Meldung. Nach Informationen der „Stuttgarter Nachrichten“ wird Alexander Zorniger in der kommenden Saison neuer VfB-Trainer.
Klopps Abschied in Dortmund war nach sieben überwiegend erfolgreichen Jahren eine Überraschung. „Es geht um den Verein, der ist größer als wir alle“, sagte Klopp auf einer Pressekonferenz in Dortmund und betonte: „Es geht darum, dass dieser Verein die Möglichkeit bekommt, das großartige Potenzial zu nutzen, ohne mit der Vergangenheit konfrontiert zu werden. Deshalb muss ein großer Kopf weg, das ist in diesem Fall meiner.“ Er habe zuletzt nicht mehr das Gefühl gehabt, der perfekte Trainer für Dortmund zu sein. Einen neuen Verein habe er nicht in der Hinterhand. „Ich habe auch nicht vor, ein Sabbatical zu machen“, sagte Klopp.
2008 war der Coach unter schwierigen finanziellen Bedingungen gekommen und hatte den Club innerhalb weniger Jahre an die nationale Spitze geführt. Zwei Meisterschaften (2011, 2012) und einen DFB-Pokalsieg (2012) holten die Westfalen unter dem 47-Jährigen. 2013 erreichte der BVB das Champions-League-Finale, das aber gegen den FC Bayern verloren ging. Insgesamt viermal in Serie führte Klopp die Dortmunder in die Königsklasse, bis es zum Absturz - zwischenzeitlich lag die Mannschaft auf Platz 18 - in dieser Saison kam. „Ich glaube, dass es mit mir nächste Saison schwieriger geworden wäre“, ergänzte der gebürtige Schwabe. Deshalb schade ein neuer Wind nicht.
Mit wem dieser Wind kommen soll, ist noch nicht geklärt. Der BVB wollte sich zu einem möglichen Nachfolger nicht äußern. „Sicherheit geht vor Schnelligkeit“, sagte Geschäftsführer Hans-Joachim Watzke nur. Nach Informationen der „Bild“-Zeitung ist Tuchel die Wunschlösung. Damit könnte es ähnlich wie einst in Mainz laufen. Damals hatte Tuchel 2009 ein Jahr nach dem Abgang von Klopp den Cheftrainerposten eingenommen.
Die Personalie würde passen, denn quasi zeitgleich zur Klopp-Entscheidung in Dortmund erübrigte sich das Thema Tuchel beim HSV. Die Hanseaten holten am Mittwoch Bruno Labbadia als Trainer zurück und statteten den früheren Stürmer mit einem auch für die Zweite Liga geltenden Vertrag bis 2016 aus. „Da die Gespräche mit Thomas Tuchel nicht weiterführten, haben wir das Heft des Handelns übernommen und uns für Bruno entschieden, weil wir ihn als den besten Mann in unserer Situation ausgemacht haben“, erklärte Vorstandschef Dietmar Beiersdorfer.
Labbadia legte auch gleich los, absolvierte noch vor seiner Präsentation ein erstes Training und ordnete für Mittwochnachmittag die Abfahrt in ein Kurz-Trainingslager nach Rotenburg/Wümme an. „Es gibt keine Zeit. Wir haben gesagt: Leinen los. Barrieren müssen sofort umgestoßen werden“, sagte der 49-Jährige. Die Aufgabe sei „eine Herausforderung. Das Leben ist zu kurz, dass man nur überlegt. Man muss Dinge tun, die schwierig sind. Ich habe Bock drauf.“ Seinen Einstand gibt Labbadia am Sonntag im Nordderby bei Werder Bremen. „Leinen los und Derby gewinnen“, gab der neue Coach als Motto für diese Woche aus.
Labbadia ist bereits der vierte Coach der Hanseaten in der laufenden Saison und tritt die Nachfolge von Peter Knäbel an. Dieser kehrt nach nur 24 Tagen auf den Posten des Sportchefs zurück. Zuvor hatten auch Mirko Slomka und Josef Zinnbauer den HSV nicht aus dem Tabellenkeller führen können.
Beiersdorfer hatte sich am Vortag bei Sponsoren erkundigt, ob ein erneuter Wechsel befürwortet wird. Klare Ansage: Ja - als Topkandidat vorgeschlagen wurde HSV-Idol Felix Magath. Ein anerkannter Fachmann, den Beiersdorfer dem Vernehmen nach aber verhindern wollte, um keinen Machtmenschen neben sich zu installieren.
Uwe Seeler reagierte auf die Entscheidung zurückhaltend. „Ich habe das zur Kenntnis genommen und drücke die Daumen, auch wenn sie schon wehtun“, sagte das HSV-Idol der Deutschen Presse-Agentur. Labbadia hatte den HSV schon in der Saison 2009/10 trainiert. Damals lag der Club auf Platz sieben und stand im Europa-League-Halbfinale. Allerdings hatte sich der Trainer mit Führungsspielern überworfen, was zur Trennung führte.
Vom VfB Stuttgart gab es keinen Kommentar zur Trainerpersonalie. Laut „Stuttgarter Nachrichten“ habe Zorniger einen Dreijahresvertrag unterschrieben. Der Kontrakt sei auch in der 2. Liga gültig. Die „Bild“-Zeitung hatte bereits Anfang März von einer Einigung berichtet.
Zorniger war von 2012 bis Mitte Februar Chefcoach beim Fußball-Zweitligisten RB Leipzig. Beim VfB Stuttgart war der Mann aus Schwäbisch Gmünd 2009 unter Markus Babbel Co-Trainer. Nach Informationen der Zeitung habe der aktuelle Coach Huub Stevens schon vor Wochen signalisiert, dass er am Saisonende aufhören möchte.
Übrigens: In der 2. Fußball-Bundesliga hat Fortuna Düsseldorf seinen neuen Trainer Frank Kramer vorgestellt. An diesem verrückten Mittwoch nicht mehr als eine Randnotiz.