Analyse: Große Worte, kleine Taten

Ise-Shima (dpa) - Die Bilanz des G7-Gipfels im japanischen Ise-Shima ist durchwachsen. Dabei waren die Erwartungen an die sieben großen Industrienationen nicht einmal hoch.

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Die Initiative zur Ankurbelung der Weltwirtschaft bleibt schwach, konkrete Zusagen zur Bewältigung der Flüchtlingskrise fehlen - und auch sonst gibt es meist nur vollmundige Bekundungen.

Hier die Gipfelergebnisse:

KRISEN: Die G7 verurteilt scharf die Verletzung der Waffenruhe durch das syrische Regime und fordert ein Ende der Angriffe auf Zivilisten. Da Russland im Ukraine-Konflikt das Abkommen von Minsk nicht erfüllt, ist mit einer Verlängerung der Ende Juli auslaufenden europäischen Sanktionen zu rechnen. Dem Irak wird eine Finanzspritze in Höhe von 3,2 Milliarden Euro zur Stabilisierung der Lage in dem Bürgerkriegsland zugesagt.

FLÜCHTLINGE: Die Flüchtlingskrise wird als globale Herausforderung anerkannt, die eine weltweite Antwort erfordert. Trotz des Aufrufs der EU zu mehr Solidarität bei der Bewältigung bleiben aber neue Finanzzusagen aus. Vielmehr werden internationale Finanzinstitutionen aufgefordert, ihre Unterstützung auszuweiten. Die legale Zuwanderung soll verbessert und Menschenschmuggel bekämpft werden.

TERRORISMUS: Die G7 verabschieden einen Aktionsplan gegen Terrorismus und gewaltsamen Extremismus. Nach den blutigen Anschlägen von Paris und Brüssel sollen den Terroristen die Finanzströme gekappt werden. Der Zustrom terroristischer Kämpfer und ihr Zugriff auf Waffen und Ausrüstung soll unterbrochen werden. Die Geheimdienste wollen Informationen austauschen und enger kooperieren.

KONJUNKTUR: Die G7-Chefs demonstrieren zwar Einigkeit bei der Ankurbelung der schwachen Weltwirtschaft, doch gibt es große Gegensätze. Japans Premier Shinzo Abe setzt auf schuldenfinanzierte Ausgabenprogramme, während Kanzlerin Angela Merkel solide haushalten will. So wird ein Dreiklang von Geldpolitik, Haushaltspolitik und Strukturreformen beschworen. Ein koordiniertes Vorgehen fehlt. Jedes Land soll nach seinen eigenen Bedingungen vorgehen.

KLIMA: Nach dem Klimaabkommen von Paris will die G7 die Ratifizierung und Umsetzung der Beschlüsse voranbringen. Auch sollen die Bemühungen fortgesetzt werden, bis 2020 jährlich etwa 90 Milliarden Euro zur Minderung der Treibhausgase und zur Anpassung an den Klimawandel zusammenzubringen, auf die besonders die Entwicklungsländer hoffen. Hoffnungen auf weitergehende Zusagen werden enttäuscht.

MARITIME SICHERHEIT: Mit einer Erklärung zur „friedlichen“ Beilegung der Inselstreitigkeiten im Süd- und Ostchinesischen Meer zieht sich die Siebener-Gruppe den Zorn Chinas zu. Aus chinesischer Sicht soll sich die G7 völlig aus dem Konflikt heraushalten. China streitet mit Japan und anderen Nachbarn über seine Territorialansprüche auf weite Meeresgebiete mit reichen Fisch- und Rohstoffvorkommen, durch die auch wichtige Schifffahrtsstraßen gehen. Die Spannungen steigen.

INTERNET: Mit „robusten Maßnahmen“ will die G7 gegen Cyberangriffe durch Staaten, unabhängige Hacker oder Terroristen vorgehen. Dafür soll das Völkerrecht auch im Internet gelten. So haben Staaten das Recht auf Selbstverteidigung mit Waffengewalt. Von dem Appell, den freien Fluss von Informationen zu sichern, werden sich Länder wie China und Russland, die unliebsame Inhalte oder soziale Medien zensieren und blockieren, aber nicht beeindrucken lassen.

STEUERN: Nach Enthüllungen der „Panama Papers“ über Steueroasen treibt die Gruppe der Sieben die Bemühungen für Steuergerechtigkeit und Transparenz voran. Das eigentliche Forum dafür ist aber der G20-Prozess mit den 20 Industrie- und Schwellenländern. Die G20 hat im November auf ihrem Gipfel in der Türkei einen Aktionsplan gegen Steuertricks und Gewinnverlagerung angenommen, der von der Organisation für wirtschaftliche Entwicklung (OECD) entwickelt wurde.

BREXIT: Großbritanniens Premier David Cameron kann mit Rückendeckung der G7 zurückkehren, um vor dem EU-Referendum nächsten Monat für den Verbleib seines Landes in der Europäischen Union zu werben. Ein Brexit wäre eine „ernste Gefahr“ für das wirtschaftliche Wachstum, heißt es in einem Satz im Abschlusskommuniqué, den die Staats- und Regierungschefs überraschend aufgenommen haben.

GESUNDHEIT: Erstmals enthält ein G7-Kommuniqué die Forderung nach allgemeinem Zugang zu Gesundheitsversorgung. Nach der schlechten Reaktion auf den Ausbruch des Ebola-Virus in Afrika will die G7 auch die Vorkehrungen für künftige grenzüberschreitende Epidemien verbessern. Konkrete Finanzzusagen werden aber nicht gemacht.

ENTWICKLUNG: Nach der Zusage vor einem Jahr beim Gipfel im bayerischen Elmau, bis 2030 rund 500 Millionen Menschen von Hunger und Mangelernährung befreien zu wollen, lässt ein Umsetzungsplan auf sich warten. Mehr Entwicklungshilfe und eine Stabilisierung der Lage in armen Ländern könnte aber Krisen verhindern und Fluchtursachen bekämpfen. Kritiker werfen der G7 hier „Versagen“ vor.