Berlin gegen vorschnelle Aufhebung der Russland-Sanktionen

Ise-Shima/Vilnius (dpa) - Deutschland macht die Zukunft der gegen Russland verhängten EU-Sanktionen von Fortschritten bei den Friedensbemühungen in der Ukraine abhängig.

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„Wir müssen jetzt alles daran setzen in den nächsten Wochen, dass ein deutlicher Fortschritt gemacht wird bei der Instandsetzung des politischen Prozesses“, sagte Bundeskanzlerin Angela Merkel auf dem Gipfel der sieben großen Industrienationen (G7) im japanischen Ise-Shima. „Für mich ist es zu früh, in irgendeiner Weise Entwarnung zu geben.“ Es gebe keine massiven Kampfhandlungen, aber auch keinen ganz stabilen Waffenstillstand.

EU-Ratspräsident Donald Tusk rechnete fest mit einer Verlängerung der Russland-Sanktionen. „Ich bin sicher, dass wir ohne größere Diskussion in den nächsten zwei bis drei Wochen über die Sanktionen entscheiden werden“, sagte Tusk zu Beginn des G7-Gipfels. Es sei nicht nötig, beim nächsten EU-Gipfel noch gesondert darüber zu diskutieren.

Ein Teil der Sanktionen läuft im Juli aus und muss verlängert werden. Bundeswirtschaftsminister Sigmar Gabriel (SPD) hatte sich am Mittwoch für den schrittweisen Abbau der Sanktionen ausgesprochen. „Wir wissen alle aus unserer Erfahrung, dass Isolation auf Dauer gar nichts bringt. Am Ende hilft nur Dialog.“

Außenminister Frank-Walter Steinmeier (SPD) sagte bei einem Besuch in Litauen: „Vorrangig muss für uns alle sein, dass wir bei der Lösung des Konflikts vorankommen. Ob das der Fall ist, werden die nächsten Wochen zeigen.“ Die Balten-Republiken gelten - zusammen mit Polen - als härteste Gegner einer Lockerung der Strafmaßnahmen.

Eine Verlängerung der Sanktionen kann von den 28 EU-Mitgliedern nur einstimmig beschlossen werden. Dagegen gibt es jedoch zunehmend Widerstand. Möglich wäre auch, dass die Sanktionen teilweise gelockert werden. Die Entscheidung wird für nächsten Monat erwartet - also noch vor dem Nato-Gipfel im Juli in Warschau.

Steinmeier bekräftigte zum Auftakt einer zweitägigen Reise durch das Baltikum: „Sanktionen sind ein Mittel zum Zweck, aber nicht der Zweck an sich.“ Jetzt gehe es vor allem darum, die mehr als ein Jahr alten Friedensvereinbarungen von Minsk umzusetzen. Dabei kommen Deutschland und Frankreich - trotz intensiver Bemühungen - seit vielen Monaten kaum noch voran.

Der litauische Außenminister Linas Linkevicius sagte: „Es gibt zur Zeit keinen Grund, die Sanktionen aufzuheben.“ Sie seien gegen Russland das „einzige Druckmittel“. Die weiteren Strafmaßnahmen wegen der russischen Besetzung der ukrainischen Schwarzmeer-Halbinsel Krim sollen unabhängig davon in Kraft bleiben.