Analyse: Le Pen mit Erfolgen in Frankreich
Paris (dpa) - Der jüngste Erfolg mit direkt folgender Niederlage zeigt das Dilemma für Frankreichs rechtsextreme Front National unter Parteichefin Marine Le Pen.
In den Wahllokalen erzielt die FN regelmäßig satte Ergebnisse, erhält dafür aber im von Zentralismus und Mehrheitswahlrecht geprägten Frankreich kaum reale Macht oder parlamentarischen Einfluss.
Auch nach dem Erstrundentriumph bei den Regionalwahlen, bei dem die FN noch in sechs Regionen in Führung lag, kam die Ernüchterung nur eine Woche später. Trotz erneut hoher Prozentzahlen konnte die Front National nicht eine Region für sich gewinnen. Als nächstes geht es um die Präsidentschaft 2017, dann will auch Le Pen wieder antreten.
Der Soziologe Sylvain Crepon von der Universität in Tours verwies zuletzt auf die Wirkungen der Wahlerfolge: „Das ist ein System, das sich mehr und mehr etabliert“, sagt der Extremismusexperte. Die beiden FN-Abgeordneten unter 577 Parlamentariern der Nationalversammlung spiegeln das aus seiner Sicht nicht wider. „Frankreich wird zu einem Drei-Parteien-System“, konstatierte Crepon.
Schwache Wahlbeteiligung ist für den Forscher ein Grund für den Ausgang der Entscheidungen: „Die FN mobilisiert ihre Wähler besser als andere Parteien.“ Gleichzeitig präsentierten sich Le Pen und ihre Partei gern nah an den Wählern, ihren Interessen, Sorgen, Nöten. „Es ist das Verständnis, das die FN nach vorne stellt.“
Der Weg Richtung Pariser Machtzentrale im Élyséepalast ist nicht nur steinig für Le Pen, er könnte sich auch als zu lang erweisen. Nach der französischen Verfassung muss die mit zahlreichen Kompetenzen bis hin zum obersten Militärchef ausgestattete Spitze des Staats mit absoluter Mehrheit gewählt werden. Nach allen Umfragen hat Le Pen bisher keine Chance in einem zweiten Wahlgang gegen dann nur einen Gegner - egal wie er heißen wird.
Amtsinhaber Hollande umgeht bislang jede konkrete Antwort auf mögliche Pläne für eine erneute Kandidatur in eineinhalb Jahren. Die gegenüber allen bisherigen Amtsinhabern konkurrenzlos schlechten Umfragewerte waren vermutlich kaum Motivation für eine frühe Festlegung. Nach den Terroranschlägen von Paris sind die Zustimmungswerte für Hollande wieder in die Höhe geschossen.
Beim internationalen Kampf gegen den Terror etwa in Mali, wo die Franzosen seit fast drei Jahren kämpfen, bei den Luftschlägen gegen Stellungen der Terrormiliz Islamischer Staat im Nordirak und inzwischen auch in Syrien hat Kriegsherr Hollande seine Landsleute hinter sich. Auch seine mitfühlende Seite etwa bei den in Frankreich extrem wichtigen Gedenken an die Weltkriege oder nach den Anschlägen in diesem in Frankreich von Terror geprägten Jahr kommt gut an. Allerdings hat das weder Hollande noch seinen Sozialisten viel geholfen bei Wahlen seit der Machtübernahme 2012.
In einem Dilemma steckt auch Ex-Präsident Nicolas Sarkozy, dem fast jeder in Frankreich den unbedingten Willen zur Rückkehr in den Élysée unterstellt. Offen gesagt hat er das allerdings bis heute nicht, zumal sein innerparteilicher Gegner, der frühere Premierminister Alain Juppé, in Umfragen vorn liegt. Die Erfolge der Rechtsextremen werden auch Sarkozy angelastet. „Die FN profitiert systematisch, wenn ihre Thesen übernommen werden“, analysiert Soziologe Crepon.
Auch innerparteilich wird Sarkozy von einigen vorgeworfen, sich nach dem ersten Wahlgang in den Regionen einem gemeinsamen Vorgehen gegen die Front National verweigert zu haben. Die Sozialisten hatten mit dem Rückzug von zwei aussichtslosen Kandidaten den Konservativen Unterstützung gegen FN-Bewerber gegeben. Die ausbleibenden Erfolge der Rechtsextremen werten die Sozialisten nun als Erfolg dieser Taktik.