Analyse: Merkels Machtoptionen ohne die FDP
Berlin (dpa) - Ihre Mimik verrät nicht, ob sie glaubt, was sie sagt. „Ich glaube, dass wir fair und sachlich miteinander zusammenarbeiten“, beschreibt die Bundeskanzlerin und CDU-Vorsitzende Angela Merkel am Montag den Zustand ihrer schwarz-gelben Koalition.
Die Frage war, ob der Absturz der FDP bei Landtagswahlen - zuletzt im Saarland am Sonntag auf 1,2 Prozent - die Arbeit von Union und FDP im Bund belasten wird. Erst im Februar hatte die FDP gar nicht fair völlig überraschend den rot-grünen Präsidentenkandidaten Joachim Gauck unterstützt. CDU-Politiker schworen Rache.
Nun zerlegt sich die FDP weiter selbst - ganz ohne Zutun der CDU. Die einen freut es in der Union, die anderen bedrückt es. Nicht nur, weil sie mit den Freien Demokraten immer noch die größte Schnittmenge sehen. Sondern, weil sie sich wieder mit der SPD oder erstmals mit den Grünen im Bund als Koalitionspartner anfreunden müssen, wenn die CDU weiter regieren will. Und Merkel will das.
Traditionell empfängt die Parteichefin am Tag nach einer Landtagswahl im Konrad-Adenauer-Haus in Berlin den Spitzenkandidaten, in diesem Fall die Spitzenkandidatin Annegret Kramp-Karrenbauer. Der Ärger in der CDU über die 49-Jährige ist verflogen. Gefeiert wird die saarländische Ministerpräsidentin als Kämpferin - und Siegerin.
Lernen könne man von ihr, räumt sogar ihr Parteikollege, der selbstbewusste Bundesumweltminister Norbert Röttgen ein, der als Spitzenkandidat in NRW die Wahl am 13. Mai erst noch bestehen muss. „Sie hat gekämpft und hat dabei gewonnen und führt jetzt eine Koalition an“, sagt er anerkennend.
Im Januar sah das noch ganz anders aus. Wegen ihrer Aufkündigung der schwarz-gelb-grünen Jamaika-Koalition an der Saar hatte Kramp- Karrenbauer den Unmut in der Partei bis hinauf zu Merkel zu spüren bekommen. Man war nicht sicher, ob sich die zierliche Frau, die erst im August 2011 Ministerpräsidentin geworden war, behaupten kann und am Ende nicht ein weiterer Regierungsverlust steht.
Nun bescheinigt Merkel: „Annegret Kramp-Karrenbauer ist einen mutigen Weg gegangen. (...) Wir haben gesehen, dass kämpfen sich lohnt.“ Das sei nun auch Ansporn für den Spitzenkandidaten der CDU in Schleswig-Holstein, Jost de Jager, und für Röttgen in NRW.
Kramp-Karrenbauer hatte ihre Koalition aus Frust über die zerstrittene Landes-FDP platzen lassen. Merkel hätte dies sicher nicht getan, sondern die Wahlperiode irgendwie durchgezogen, wie sie es auch im Bund zu tun scheint. So sagt sie ohne eine Regung: „Ich gehe von einer vernünftigen, guten Zusammenarbeit im Dienste der Sache und den notwendigen Entscheidungen in Deutschland aus.“
FDP-Gesundheitsminister Daniel Bahr rät seiner Partei dringend, jetzt die Nerven zu behalten. Angesichts des Sinkflugs wird in Berlin spekuliert, ob die FDP die Koalition im Bund verlassen wird, sollte sie auch bei den Landtagswahlen im Mai verlieren. Der designierte FDP-Generalsekretär Patrick Döring setzt nun auf Abgrenzung zur Union - wovor ihn Unionsfraktionsgeschäftsführer Peter Altmaier (CDU) unverhohlen warnt. Die FDP solle darin kein Heil sehen, mahnt er.
Auch wenn sich Merkel nach außen als treue Koalitionspartnerin gibt, die Demütigung bei der Gauck-Nominierung und das anschließende Triumphgeheul von FDP-Chef Philipp Rösler dürfte sie kaum vergessen. Große Geschenke wird sie der FDP kaum mehr machen.
An einer Stelle muss die Kanzlerin während ihres Auftritts mit Kramp-Karrenbauer lachen. Die Saar-CDU habe ja ein klare Aussage zugunsten einer Koalition mit der SPD gemacht und gewonnen - wie es denn mit ihrer eigenen Aussage vor der Bundestagswahl 2013 stehe, wird Merkel gefragt. Antwort: „Sie brauchen nicht zu fürchten, dass wir mit einer festen Koalitionsaussage für eine große Koalition in die nächste Bundestagswahl gehen. Das halte ich für ausgeschlossen.“
Aber Merkel sagt auch, sie sei sehr zufrieden mit der Machtoption im Saarland. „Das Wichtigste ist für uns, dass die CDU stark ist und dass man für seine eigenen Stimmen kämpft und die Menschen überzeugt. Das ist im Saarland hundert Prozent gelungen und dann ergeben sich die Optionen von alleine.“ Die Optionen. Mehrzahl.