Analyse: Philadelphia bläst zum Gegenangriff
Philadelphia (dpa) - Draußen herrschten tropische Temperaturen. Drinnen kochte die Halle. Die USA-Demokraten haben am dritten Tag ihres viertägigen Parteikonventes im heißen Sommer von Philadelphia zum Generalangriff auf den Republikaner-Kandidaten Donald Trump geblasen.
Barack Obama setzte sich unter dem tosenden Jubel der 4700 Delegierten an die Spitze der Bewegung. Trump habe kaum Lösungen anzubieten. „Er bietet nur Slogans an. Und Angst.“, sagte der im Januar nach zwei Amtszeiten scheidende US-Präsident. Anschließend nahm er Hillary Clinton in den Arm, die er eindringlich für seine Nachfolge empfahl.
Die Demokraten boten in den vergangenen Tagen alles auf, was Rang und Namen hat. Michael Bloomberg, der Ex-Republikaner und frühere Bürgermeister von New York, heizte schon vor Obama die Stimmung im Parteitagssaal an, als er Trump als einen „gefährlichen Demagogen“ bezeichnete. „Ich bin ein New Yorker und wir New Yorker erkennen einen Betrüger, wenn wir ihn sehen.“
Vizepräsident Joe Biden warf Trump vor, „keinen Plan“ zu haben. „Als Amerikaner können wir das schlicht nicht zulassen. Punkt.“ Sein möglicher Nachfolger im Amt, Vizepräsidentschaftskandidat Tim Kaine, äffte Trumps auffällige Sprachgewohnheiten nach und frage: „Glaubt ihm eigentlich irgendjemand?“ Und der frühere CIA-Chef Leon Panetta stellte Trumps Fähigkeit in Militärfragen infrage: „Er darf nicht Oberkommandeur der Streitkräfte werden.“
Ein bisschen schien es so, als wollten die Demokraten Trump mit den Waffen seiner eigenen Partei schlagen. Ronald Reagan wurde bemüht, Barbara Bush und John Kasich. Präsident Barack Obama, eher als nüchterner Intellektueller mit scharfem Verstand bekannt, bemühte patriotische Bilder. „Den Amerikanische Traum hält keine Mauer zurück“, sagte er mit Blick auf Trumps Baupläne an der Grenze zu Mexiko.
Obamas Rede, deren Vorbereitung Wochen dauerte und für die sechs Entwürfe gefertigt wurden, war auch eine Art Stabübergabe. Der Präsident nutzte den Auftritt auf dem Parteitag für eine kleine persönliche Bilanz. In siebeneinhalb Jahren sei Amerika stärker geworden, habe sich aus der Finanzkrise gewühlt, Millionen Arbeitsplätze geschaffen. „Aber es gibt noch eine Menge Arbeit zu tun“, sagte er. Die Justiz müsse gerechter gemacht werden, der Klimawandel ernsthaft bekämpft werden.
All das sei bei Hillary Clinton in den besten Händen. „Sie wird den Job zu Ende bringen“, sagte er. Und da war sie auch schon. Überraschend sprang Clinton im blauen Hosenanzug auf die Bühne von Philadelphia. Kurze Umarmung, tosender Beifall. Und Schluss.
Wenn das Spektakel von Philadelphia zu Ende ist, muss Clinton wieder ohne die Choreographie eines glitzernden Parteitags zurechtkommen. Klinken putzen in den Rustbelt-Staaten, im Rostgürtel des Mittleren Westens, wo der Niedergang von Metallindustrie und Autobau Zehntausenden den Job gekostet hat.
Den Arbeitslosen in ihren heruntergekommen Mobilheimen kommt Donald Trump gar nicht so lächerlich vor, wie er auf der demokratischen Parteitagsbühne gemacht wird. Sie wählen ihn. Viele nicht etwa, weil sie von seinem lautsprecherhaften Getöse überzeugt wären. Vielmehr weil sie einfach das alte, das bekannte, das aus ihrer Sicht gescheiterte Politsystem von Washington nicht mehr wollen. Etwas anderes, etwas Neues soll her. Clinton wird Überzeugungsarbeit liefern müssen.