Analyse: „Wir werden das stoppen“
Atlanta (dpa) - Noch bevor er die eigentliche Nachricht verkündet, schiebt Thomas Frieden seine üblichen Mahnungen vorweg. Ja, Ebola sei eine „angsteinflößende Krankheit“, sagt der Direktor der US-Gesundheitsbehörde CDC.
Aber das Ansteckungsrisiko in den USA sei äußerst gering, denn die Krankheit werde hauptsächlich über Körperflüssigkeiten von erkrankten Patienten übertragen. Außerdem sei das Gesundheitssystem der USA stark und vollkommen anders als in den von der Ebola-Epidemie betroffenen Ländern in Westafrika, wo es bereits mehr als 3000 Tote gibt.
Will sagen: Kein Anlass zur Hysterie - auch wenn, und das muss Frieden dann doch eingestehen, nun das eingetreten ist, was lange befürchtet worden war: Ein Ebola-Fall in den USA, der erste mit der Krankheit diagnostizierte Patient außerhalb Afrikas seit Ausbruch der Epidemie.
Seit Wochen warnt Frieden immer und immer wieder vor Hysterie. Fünf Ebola-Patienten waren in dieser Zeit in die USA gebracht worden, aber sie alle waren schon in Westafrika erkrankt und dann direkt mit Spezialflugzeugen in entsprechend ausgerüstete Krankenhäuser mit Isolierstationen gebracht worden.
Allein das hatte aber ausgereicht, um in den USA große Sorge vor einer möglichen Ansteckungsgefahr auszulösen. „Die USA dürfen es nicht erlauben, dass mit Ebola angesteckte Menschen zurück in dieses Land kommen“, hatte beispielsweise der Immobilien-Mogul Donald Trump getwittert. „Das ist doch absolut verrückt.“
Der neue Fall ist anders: Der Patient, von dem die Behörden zunächst keine persönlichen Angaben veröffentlichten, ist am 20. September aus Liberia in die USA eingereist, ganz normal per Linienflug. Da hatte er sich nach ersten Erkenntnissen wohl schon mit der Krankheit angesteckt, zeigte aber noch keine Symptome. Die entwickelte er erst, als er bereits zu Besuch bei Familienmitgliedern in Dallas im US-Bundesstaat Texas war.
Am 26. September ging er deswegen erstmals ins Krankenhaus, zwei Tage später wurde er in einer Isolierstation im Texas Health Presbyterian Hospital in Dallas untergebracht. Am Dienstag (30. September) wurde anhand mehrerer Proben eindeutig festgestellt, dass der inzwischen schwer kranke Patient mit dem Ebola-Virus infiziert ist.
Rasend schnell verbreitet sich die Nachricht über das Internet - und mit ihr die Aufregung. „Ich habe mir heute schon zehnmal die Hände desinfiziert“, schreibt einer beim Kurznachrichtendienst Twitter, und ein anderer beschwert sich: „Warum lassen wir denn solche Menschen aus betroffenen Gebieten noch in die USA einreisen? Ich will mich nicht anstecken und sterben.“ Nick Carter, früherer Teenie-Schwarm und Mitglied der Band Backstreet Boys, kommentiert: „Warum redet denn keiner über die Menschen, die mit dem Mann, der Ebola hat, im Flugzeug saßen?“
Das CDC und auch das Weiße Haus versuchen gegenzusteuern. Im Flugzeug sei der Patient noch nicht ansteckend gewesen, weil er damals noch keine Symptome gehabt habe, betont CDC-Chef Frieden, und das Weiße Haus twittert: „Amerika hat die besten Ärzte und die beste Gesundheitsinfrastruktur der Welt, und wir sind darauf vorbereitet, auf so einen Fall zu reagieren.“
Das CDC muss aber auch eingestehen: Mehrere Tage lang war der Patient mit Symptomen in den USA ganz normal unterwegs und könnte andere Menschen angesteckt haben. Bislang gebe es keine weiteren Verdachtsfälle, sagt CDC-Chef Frieden. Aber alle Menschen, mit denen der Patient Kontakt gehabt hat - und das sei etwa „eine Handvoll“ -, müssten nun ausfindig gemacht und beobachtet werden.
Wie lange das dauern werde, sei noch nicht klar, sagt Frieden - und schiebt sofort wieder eine Hysterie-Warnung hinterher. „Ich habe keine Zweifel, dass wir diesen Ebola-Fall kontrollieren werden, so dass die Krankheit sich in diesem Land nicht weiter verbreiten wird. Wir werden das stoppen.“