Athen vor neuem Hilfspoker
Athen (dpa) - Nach eingeforderten Reformbeschlüssen in Athen stehen die Verhandlungen über milliardenschwere Finanzhilfen für Griechenland vor dem Start. Wie aus Regierungskreisen in Athen verlautete, werden Unterhändler der Geldgeber-Institutionen am Freitag in der Hauptstadt des südosteuropäischen Landes erwartet.
Im Raum steht ein drittes Hilfsprogramm, das bis zu 86 Milliarden Euro umfassen und sich über drei Jahre erstrecken soll. Das griechische Parlament hatte zuvor innerhalb einer Woche zwei umstrittene Reformpakete verabschiedet, die Bedingung für die neuen Verhandlungen waren.
Griechische Regierungskreise rechnen mit „zügigen Verhandlungen“. Als Zielmarke für deren Ende wurde der 12. August genannt. Danach müssten noch die Eurogruppe und die Parlamente einiger Euro-Staaten zustimmen. Am 20. August muss Griechenland dann 3,2 Milliarden Euro an die Europäische Zentralbank (EZB) zurückzahlen.
Griechischen Medien zufolge wird die frühere Kreditgeber-Troika aus EU-Kommission, Europäischer Zentralbank (EZB) und Internationalem Währungsfonds (IWF) bei den Verhandlungen um einen Vertreter des Euro-Rettungsfonds (ESM) verstärkt - und damit zum Quartett. Der größte Teil der neuen Milliardenhilfen soll aus dem ESM kommen.
Bei der Verabschiedung der Reformpakete im Parlament war die Koalition von Ministerpräsident Alexis Tsipras jeweils auf Unterstützung durch die Opposition angewiesen. Insbesondere der linke Flügel der Syriza-Partei von Tsipras läuft Sturm gegen den Reformkurs des Regierungschefs. Fast die gesamte griechische Presse sah Syriza am Donnerstag kurz vor einer Spaltung. Experten halten es für sehr gut möglich, dass Tsipras wegen der parteiinternen Querelen Neuwahlen ausruft, sobald das dritte Hilfspaket unter Dach und Fach ist - und somit das Volk über seinen Kurs abstimmen lässt. Auch ein Sonderparteitag zur Klärung des Syriza-Richtungsstreits scheint denkbar.
Der Vorsitzende der Münchener Sicherheitskonferenz, Wolfgang Ischinger, nannte das mögliche neue Hilfsprogramm für Griechenland eine Investition in die europäische Sicherheit. „Ich wäre sehr besorgt gewesen, wenn ein erzwungenes Ausscheiden aus dem Euro dazu geführt hätte, dass wir mit Griechenland einen dauerhaft verdrossenen und vielleicht sogar rachsüchtigen EU-Partner gehabt hätten“, sagte er der „Berliner Zeitung“ (Freitag). „Ein instabiles und erniedrigtes Griechenland wäre ein außerordentlich gefährliches Signal gewesen für die Stabilität der ganzen Region.“
Griechenland ist mit über 300 Milliarden Euro verschuldet und trägt - gemessen an der Wirtschaftsleistung - die EU-weit höchste Schuldenlast.