Ausländer, Asyl, Islam: Vorbehalte und Fakten
Berlin (dpa) - Rund um die Demonstrationen der Anti-Islam-Bewegung „Pegida“ in Sachsen tauchen viele schneidige Parolen auf. Von einer vermeintlichen Überfremdung Deutschlands ist ebenso die Rede wie von angeblicher Überforderung durch die wachsende Zahl an Asylbewerbern sowie einer „Islamisierung des Abendlandes“.
Sind das berechtigte Sorgen oder Vorbehalte ohne echte Substanz? Ein Faktencheck:
AUSLÄNDER/ZUWANDERER
Behauptung: Die Zuwanderung nimmt überhand und schadet dem Land
Fakten: Deutschland ist unter den Industriestaaten inzwischen das gefragteste Zuwanderungsland hinter den USA. Der Anteil der Menschen mit ausländischen Wurzeln in der Bundesrepublik nimmt zu. Inzwischen stammt jeder Fünfte aus einer Zuwandererfamilie - 16,3 Millionen Menschen. Die größten Gruppen sind Menschen türkischer und polnischer Herkunft. Mehr als die Hälfte der Migranten hat die deutsche Staatsangehörigkeit - 8,9 Millionen Menschen. Das heißt, es gibt 7,4 Millionen Menschen ohne deutschen Pass. Die Ausländer, die in Deutschland leben, zahlen insgesamt deutlich mehr Steuern als sie an Sozialleistungen vom Staat beziehen: 2012 brachten sie den Sozialkassen laut aktueller Studie einen Überschuss von 22 Milliarden Euro ein.
ASYLBEWERBER
Behauptung: Der Zustrom von Flüchtlingen überfordert Deutschland
Fakten: Die Zahl der Asylbewerber in Deutschland nimmt seit längerem zu. 2013 stellten 127 000 Menschen hier einen Asylantrag. Im laufenden Jahr waren es bis Ende November bereits mehr als 180 000. Für das Gesamtjahr werden 200 000 Anträge von Schutzsuchenden erwartet. Das sind 0,4 Prozent der 51,2 Millionen Menschen, die weltweit auf der Flucht sind. Und: Deutschland ist eine der größten Wirtschaftsmächte der Welt. In den 90er Jahren lag die Zahl der Asylbewerber deutlich höher: Rekordjahr war 1992 mit rund 438 000 Asylanträgen. Deutschland steht mit der Zahl der Anträge EU-weit heute zwar an der Spitze. Wird dieser Wert allerdings in Verhältnis zur Bevölkerungszahl gesetzt, landet Deutschland hinter anderen EU-Staaten wie Schweden oder Malta. Außerdem wird nur ein Teil der Schutzsuchenden in Deutschland als Flüchtling anerkannt und bekommt ein Bleiberecht: Zuletzt lag die Quote bei knapp 30 Prozent. Der aktuelle Zuwachs kommt ohnehin nicht überraschend. Experten klagen, Bund und Länder hätten sich nur nicht rechtzeitig darauf eingestellt.
MUSLIME
Behauptung: Deutschland droht eine Islamisierung der Gesellschaft
Fakten: In der Bundesrepublik leben rund vier Millionen Muslime. Das sind etwa fünf Prozent der Bevölkerung. Zum Vergleich: Rund 60 Prozent der Bevölkerung (etwa 48 Millionen Menschen) sind Christen - etwa zur Hälfte Katholiken und Protestanten. Rund 45 Prozent der Muslime haben die deutsche Staatsangehörigkeit. 98 Prozent der Muslime in Deutschland leben in den alten Bundesländern, die meisten in Nordrhein-Westfalen. In Sachsen beispielsweise sind es nur 0,7 Prozent. Nur eine Minderheit der muslimischen Frauen in Deutschland trägt nach eigenen Angaben ein Kopftuch. Und nur etwa zwei Prozent der muslimischen Mädchen nehmen laut einer Studie aus religiösen Gründen nicht am gemischten Schwimmunterricht in der Schule teil.