Bisherige Brandanschläge auf Flüchtlingsheime
Berlin (dpa) - Seit Beginn des Jahres hat es dutzende Brandanschläge auf Asylbewerber- und Flüchtlingsheime gegeben. Nicht immer wurden die Täter ermittelt. Vereinzelt gab es aber auch Festnahmen und sogar Geständnisse.
In einigen Fällen ermittelt die Staatsanwaltschaft wegen versuchten Mordes, in anderen nur wegen schwerer Brandstiftung. Hier die beiden Beispiele aus Altena (Nordrhein-Westfalen) und Salzhemmendorf (Niedersachsen) sowie eine Auswahl bundesweiter Fälle:
ALTENA/Nordrhein-Westfalen - Am 3. Oktober schüttet ein inzwischen entlassener Feuerwehrmann (25) im Dachgeschoss eines Flüchtlingsheims Benzin aus, vorher durchtrennt er die Kabel der Brandmeldeanlage. Ein Komplize (23) steht Schmiere. Nachbarn, die die kurz zuvor eingezogenen Syrer begrüßen wollen, riechen den Qualm rechtzeitig, verletzt wird niemand. Nach Angaben der Staatsanwaltschaft in Hagen gab er als Motiv Angst vor Flüchtlingen in der Nachbarschaft an. Der geständige Feuerwehrmann kommt nicht in U-Haft, weil es laut Staatsanwaltschaft keine ausreichenden Haftgründe gibt. Sie ermittelt wegen schwerer Brandstiftung, nicht aber wegen versuchten Mordes. Begründung: Der Feuerwehrmann habe den Brand auf dem unbewohnten Dachboden und nicht im Erdgeschoss gelegt, in dem die Flüchtlinge untergebracht waren.
SALZHEMMENDORF/Niedersachsen - In der Nacht zum 28. August wirft ein 24 Jahre alter freiwilliger Feuerwehrmann einen Brandsatz durch ein geschlossenes Fenster einer als Flüchtlingsunterkunft genutzten ehemaligen Schule im südniedersächsischen Salzhemmendorf. Eine Mutter und deren drei kleine Kinder aus Simbabwe, die im Nebenraum schlafen, bleiben unverletzt. Ein Teppich und eine Matratze geraten in Flammen. Neben dem 24-Jährigen werden ein 30-Jähriger und eine 23 Jahre alte Frau als Mittäter ermittelt. Sie gehören der rechten Szene an. Zunächst werden Ermittlungen wegen des Verdachts auf schwere Brandstiftung eingeleitet, später kommt das Trio wegen gemeinschaftlichen versuchten Mordes in U-Haft. Zuvor hatte auch Ministerpräsident Stephan Weil (SPD) die Tat als „versuchten Mord“ bezeichnet.
GROß LÜSEWITZ/Mecklenburg-Vorpommern: Nach einem Brandanschlag auf eine Asylbewerberunterkunft in dem Ort bei Rostock erhob die Staatsanwaltschaft am 12. Oktober gegen zwei Männer Anklage wegen versuchten Mordes. Die 25 und 26 Jahre alten Verdächtigen sollen im Oktober 2014 zwei mit Benzin gefüllte Flaschen auf das mehrgeschossige Haus geworfen haben. Es entstand Sachschaden, Menschen wurden nicht verletzt. In dem Heim waren acht Flüchtlingsfamilien verschiedener Nationalitäten untergebracht. Laut Staatsanwalt hatten die Männer den Tod von Menschen in Kauf genommen. Sie hätten damit rechnen müssen, dass die Hausbewohner zum Tatzeitpunkt kurz nach Mitternacht bereits schliefen.
BOIZENBURG/Mecklenburg-Vorpommern: Ein dreistöckiges ehemaliges Arbeiterwohnheim brennt in der Nacht zum 12. Oktober vollständig aus. Dort sollten in Kürze Syrer einziehen. „Die Ermittlungen des Brandsachverständigen haben gesicherte Erkenntnisse geliefert, dass Brandstiftung vorliegt“, sagte Stefan Urbanek von der Schweriner Staatsanwaltschaft. Fenster seien geöffnet worden, offenbar mit dem Ziel, die Ausbreitung des Feuers in dem leerstehenden Gebäude durch Luftzug zu beschleunigen. Den Sachschaden am Gebäude bezifferte die Polizei mit rund 350 000 Euro. Tatverdächtige gibt es bislang nicht. Am gleichen Tag warfen Unbekannte in TRASSENHEIDE auf Usedom Brandsätze gegen ein ehemaliges Bürohaus, das für 15 Flüchtlinge hergerichtet werden sollte. Die Brandsätze richteten keine größeren Schäden an.
ESCHEBURG/Schleswig-Holstein: Ein Finanzbeamter und Nachbar legt am 9. Februar ein Feuer in einem für Asylbewerber vorgesehenen bezugsfertigen Einfamilienhaus. Durchsuchungen führen zum Auffinden von Beweismitteln; der Tatverdächtige legt ein Geständnis ab. Mit der Brandlegung wollte der Mann den Bezug des Hauses durch Asylbewerber verhindern. Die Tat war, neben persönlichen Motiven des Täters, auch fremdenfeindlich motiviert. Der Täter war bis dahin polizeilich unbekannt und auch noch nicht wegen politisch motivierter Delikte in Erscheinung getreten. Am 11. Mai verurteilt ihn das Landgericht Lübeck wegen Brandstiftung zu einer Freiheitsstrafe von zwei Jahren, ausgesetzt zur Bewährung. Das Urteil ist nach Rücknahme der eingelegten Revision durch die Verteidigung rechtskräftig.
PORTA WESTFALICA/Nordrhein-Westfalen: In der Nacht zum 15. September werden zwei Glasflaschen mit brennbarer Flüssigkeit gegen die Fassade einer Flüchtlingsunterkunft geworfen. Die Fahndung nach dem Täter läuft nach wie vor, es wird wegen versuchter schwerer Brandstiftung ermittelt, da zum einen kein Gebäudeschaden entstanden ist, zum anderen aber ein bewohntes Gebäude angegriffen wurde. Da die Tat sich gegen Migranten richtete, ermittelt der Staatsschutz, wie die die Bielefelder Polizeisprecherin Hella Christoph erklärt.
REMCHINGEN/Baden-Württemberg: In dem Ort bei Karlsruhe legen Unbekannte Mitte Juli mit Benzin ein Feuer in einer geplanten Asylbewerberunterkunft, die etwa 20 Menschen hätte Platz bieten sollen. Die Staatsanwaltschaft Pforzheim ermittelt wegen Brandstiftung. Zum Zeitpunkt des Brandes war niemand in dem Haus. Einen fremdenfeindlichen Hintergrund schließen die Ermittler zwar nicht aus, es gebe aber auch keine konkreten Anhaltspunkte etwa für rechte Zellen. Die Ermittlungen dauern an.
WERTHEIM/Baden-Württemberg: In der Stadt bei Würzburg brennt Ende September eine Sporthalle, die für 300 Flüchtlinge hergerichtet war. Die Behörden ermitteln hier ebenfalls wegen Brandstiftung, weil das Gebäude noch leer stand, wie eine Sprecherin der Staatsanwaltschaft Mosbach sagte. Die Täter nutzten Brandbeschleuniger. Ermittelt wird den Angaben zufolge in alle Richtungen. Festnahmen gab es noch nicht.
WEISSACH IM TAL/Baden-Württemberg: Ende August geht in dem Ort bei Stuttgart eine geplante Asylbewerberunterkunft in Flammen auf, das Gebäude stand leer. 20 Flüchtlinge hätten dort unterkommen sollen. Die Polizei geht von einem fremdenfeindlichen Motiv aus. Die Täter sind noch nicht gefasst.
LIMBURGERHOF/Rheinland-Pfalz: Im Mai zünden Unbekannte eine geplante Flüchtlingsunterkunft in dem Ort in der Pfalz an. Die Staatsanwaltschaft sah Indizien für eine fremdenfeindliche Tat. Die Ermittlungen sind noch nicht abgeschlossen.
NIEDERSTEDEM/Rheinland-Pfalz: Im August legten Unbekannte Feuer in einem von Asylbewerbern bewohnten Haus in dem Ort in der Eifel. Bisher gibt es keine konkreten Hinweise auf ein fremdenfeindliches Motiv. Festnahmen oder Anklagen gab es bisher nicht.
HEPPENHEIM/Hessen; In der Nacht zum 4. September brennt es dort in einer Flüchtlingsunterkunft. Ein Mann bringt sich mit einem Sprung aus einem Fenster in Sicherheit und verletzt sich dabei schwer. Mehrere Menschen erleiden Rauchvergiftungen. Ermittelt wird wegen vorsätzlicher Brandstiftung. Die Staatsanwaltschaft hat keine Hinweise auf Fremdenfeindlichkeit. „Man kann nach einem Brand in einer Flüchtlingsunterkunft nicht automatisch darauf schließen, dass es mit der Nationalität der Bewohner zusammenhängt“, sagt eine Sprecherin. Hintergrund des Feuers könne auch Streit gewesen sein.