Bofinger warnt vor fatalen Folgen der Zypern-Entscheidung
Berlin (dpa) - Der „Wirtschaftsweise“ Peter Bofinger plädiert dafür, dass die Euro-Finanzminister ihre Zypern-Entscheidung zurücknehmen.
„Diese Quasi-Enteignung der Anleger würde nicht nur das Bankensystem in Zypern gefährden, sondern wäre eine Bedrohung für das Finanzsystem im gesamten Euro-Raum“, sagte das Mitglied des Sachverständigenrates zur Begutachtung der gesamtwirtschaftlichen Entwicklung der „Passauer Neuen Presse“ (Montag). „Das muss revidiert werden, sonst hätte es fatale Folgen. Die Euro-Krise würde wieder verschärft werden, und es würde Europa ein Vielfaches von dem kosten, was man jetzt glaubt, durch die Beteiligung der Sparer in Zypern einsparen zu können“, betonte Bofinger.
Mit der Beteiligung der Anleger am EU-Hilfspaket für Zypern werde „die zweite tragende Wand des europäischen Finanzsystems eingerissen“, so der Experte. Im Oktober 2010 sei die uneingeschränkte Sicherheit der europäischen Staatsanleihen in Frage gestellt worden. Seitdem seien Staatsanleihen nicht mehr sicher. „Das gilt nun auch für die Einlagen von Sparern. Das ist der zweite Tabubruch“, sagte Bofinger. „Es besteht die Gefahr, dass die Sparer in anderen Ländern verunsichert werden und ihre Konten räumen.“ Der Sachverständige erwartet, dass die Bilder der Menschen vor den gesperrten Geldautomaten psychologische Folgen auf die Entwicklung der Märkte haben werden. „Hier geht viel Vertrauen verloren.“
Bofinger widersprach Bundesfinanzminister Wolfgang Schäuble (CDU), der das Schlimmste der Euro-Krise überwunden sieht. „Wir stecken mitten in der Krise. Wir haben eine Rezession im Euro-Raum und eine sehr deutliche Rezession in den Problemländern. Es gibt da überhaupt noch keine Trendwende.“ Zypern zu stabilisieren, ohne die privaten Anleger dort daran zu beteiligen, wäre seiner Ansicht nach besser gewesen.