„Botschaft an Amerika“ - Terrormiliz IS zielt auf den Westen

Bagdad (dpa) - Die mutmaßliche Enthauptung des US-Fotografen Foley vor laufender Kamera löst Entsetzen aus. Das Hinrichtungsvideo markiert eine strategische Neuausrichtung der IS-Propaganda. Erstmals richten sich die Extremisten nicht an Muslime, sondern an den US-Präsidenten.

James Foley spricht mit gefasster Stimme. Nur sein Blick lässt seine Not ahnen. „Ich rufe meine Freunde und meine Familie auf, sich gegen meine wahren Mörder zu erheben“, sagt er. „Gegen die US-Regierung.“ Der amerikanische Fotojournalist kniet in einem orangen Overall in der Wüste. Neben ihm steht ein schwarz vermummter Dschihadist der Terrormiliz Islamischer Staat (IS). Er hält ein Messer in seiner Hand.

Am Dienstagabend hatten Anhänger der IS-Miliz das Video im Internet veröffentlicht. Es zeigt die mutmaßliche Ermordung des US-Reporters. Der 40-Jährige war im November 2012 in Syrien verschwunden. Nach Angaben von Angehörigen stammte das letzte Lebenszeichen aus dem Mai 2013. Damals soll Foley in einem Gefängnis des syrischen Regimes inhaftiert gewesen sein. Wie lange, ist unklar. Zuletzt befand er sich offenbar in der Gewalt der IS-Extremisten.

Westliche Geheimdienste und Regierungen wollten das Videomaterial am Mittwoch offiziell noch nicht als echt einstufen. Der britische Außenminister Philip Hammond sagte jedoch der BBC, alle Kennzeichen der Terrornachricht wirke „authentisch“. Die Angehörigen Foleys bestätigten auf Facebook seinen Tod.

Das Video beginnt mit einer Rede von Barack Obama vom 7. August, in der der US-Präsident mitteilt, dass er gezielte Luftangriffe auf IS-Milizen im Irak genehmigt hat. Erst dann wird der Titel des Videos eingeblendet: „Eine Botschaft an Amerika“.

Die Botschaft muss James Foley selbst verlesen. Die Luftschläge hätten „den letzten Nagel“ in seinen Sarg geschlagen, sagt er. „Ich wünschte, ich hätte mehr Zeit“, spricht Foley weiter. „Aber alles in allem sollte ich mir wohl wünschen, ich wäre kein Amerikaner.“ Es ist der letzte Satz, den Foley sagen muss.

Dann ist der IS-Terrorist an der Reihe.

Obgleich Youtube und andere Plattformen das entsetzliche Video binnen weniger Minuten löschten, die Botschaft dürfte sich in das Gedächtnis des Westens einbrennen. Und: Es ist das erste Mal, dass sich die Extremisten unmittelbar an die US-Regierung wenden.

Aus Sicht des Experten Bernd Zywietz markiert dies eine strategische Wende. Bisher seien Hinrichtungen im Irak als Teil der Kampfhandlungen dokumentiert worden, sagte der Medienwissenschaftler der Universität Mainz, der die IS-Videos als Mitglied des Netzwerks Terrorismusforschung analysiert.

Hunderte wurden im Nordirak getötet, weil sie Jesiden, Christen oder Muslime waren, die sich der IS-Terrorherrschaft verweigerten. Zielgruppe dieser Videos seien vor allem „Fans“ gewesen, junge Männer im Westen, die Gefallen an den „comic- und heldenhaften Bildkollagen“ fänden, sagt Zywietz. Nun werde erstmals ein Mord bewusst vor der Kamera und bewusst für den Westen inszeniert. „Es gab schon zuvor Gräueltaten, aber noch nie in diesem Stil.“

Im Video wendet sich der IS-Kämpfer direkt an US-Präsident Obama. Jeder Versuch, Muslimen ihr Recht auf ein „sicheres Leben im Islamischen Staat“ abzusprechen, werde im „Blutvergießen deinesgleichen“ enden, sagt der Dschihadist mit britischem Akzent.

Geheimdienste versuchen nun, die Identität des Extremisten zu ermitteln. „Auf den ersten Blick scheint es eine britische Person zu sein“, sagt der britische Außenminister Hammond. Premierminister David Cameron brach bereits seinen Urlaub in Cornwall ab und machte sich auf den Rückweg nach London.

Im Video wird am Ende eine weitere Person gezeigt, die als „amerikanischer Bürger“ vorgestellt wird. Es soll sich um den US-Journalisten Steven Sotloff handeln. Sotloff verschwand im August 2013 in Syrien. Sein Leben, so der Dschihadist in die Kamera gewandt, „hängt von deiner nächsten Entscheidung ab, Obama“.