Bundesrat startet Anlauf Nummer zwei für NPD-Verbot

Berlin (dpa) - Fast zehn Jahre nach dem gescheiterten ersten Versuch starten die Länder einen neuen Anlauf für ein NPD-Verbot. Der Bundesrat entschied am Freitag, vor dem Bundesverfassungsgericht ein Verbotsverfahren gegen die rechtsextreme Partei einzuleiten.

15 Länder brachten den Vorstoß gemeinsam ein. Lediglich Hessen enthielt sich und begründete dies mit juristischen und politischen Risiken des Verfahrens. Das hessische Votum steht dem Vorhaben aber nicht im Wege.

2003 war ein erster Versuch, die NPD zu verbieten, in Karlsruhe gescheitert, weil Informanten des Verfassungsschutzes (V-Leute) auch in der Führungsebene der Partei tätig waren. Dieses Problem sei nun ausgeräumt, versichern die Länder. Trotzdem gibt es einige Skeptiker.

Hessens Justizminister Jörg-Uwe Hahn (FDP) verwies auf die Risiken des Verfahrens. Die größte Gefahr bestehe in einem erneuten Scheitern - dies würde die NPD deutlich aufwerten. Außerdem löse ein Verbotsverfahren nicht das Problem des Rechtsextremismus. Da die Zielsetzung aber legitim sei, stelle sich Hessen nicht gegen einen neuen Antrag, betonte er.

Die übrigen Länder sprachen dagegen geschlossen von der Notwendigkeit eines neuen Verbotsantrags. Die Klageschrift für das Verfassungsgericht soll zum Ende des ersten Quartals 2013 fertig sein. Thüringens Ministerpräsidentin Christine Lieberknecht (CDU) sagte: „Wir sind überzeugt: Die NPD ist verfassungswidrig.“ Bund und Länder müssten im Kampf gegen Rechtsextremismus alle rechtsstaatlichen Mittel nutzen.

Sachsens Regierungschef Stanislaw Tillich (CDU) sagte, die Materialsammlung gegen die NPD belege zweifelsfrei deren Verfassungsfeindlichkeit. Die Partei vertrete offen rassistische und antisemitische Haltungen und stehe gewaltbereiten Gruppen nahe. „Ja, wir gehen ein Risiko ein“, räumte er ein. „Aber dieses Risiko sollten wir in Kauf nehmen.“

Schleswig-Holsteins Ministerpräsident Torsten Albig (SPD) äußerte sich optimistisch, dass der Verbotsantrag Erfolg haben wird. Das Verfahren sei gut vorbereitet. „Diese Partei greift unsere Grundwerte an - jeden Tag und überall in Deutschland“, sagte Albig. „Es ist ein scharfes Schwert, das wir ziehen. Aber wer angegriffen wird, muss sich verteidigen.“ Sachsen-Anhalts Ministerpräsident Reiner Haseloff (CDU) räumte ein, ein Parteiverbot sei kein Allheilmittel, aber ein starkes Zeichen.

Ob Bundesregierung und Bundestag bei dem neuen Anlauf mitziehen, ist offen. Bundesinnenminister Hans-Peter Friedrich (CSU) hat große Bedenken. Die schwarz-gelbe Regierung will bis spätestens Ende März 2013 entscheiden. Wann der Bundestag darüber berät, ist noch unklar. Parlamentspräsident Norbert Lammert (CDU) hat aber bereits von einer Beteiligung des Bundestages abgeraten. Die politischen Risiken seien größer als die erhofften Vorzüge, sagte Lammert im WDR-Hörfunk.

Die Länder wollen notfalls auch alleine nach Karlsruhe gehen. Formal genügt der Antrag eines Verfassungsorgans - also von Bundesrat, Bundestag oder Bundesregierung.

Berlins Regierender Bürgermeister Klaus Wowereit (SPD) appellierte aber an Parlament und Regierung, eigene Verbotsanträge zu stellen. Nötig sei ein geschlossenes Vorgehen aller Demokraten gegen die NPD.

Auch SPD-Fraktionschef Frank-Walter Steinmeier warb für separate Anträge aller drei Verfassungsorgane. In der Zeitung „Die Welt“ zeigte er sich von einem Erfolg in Karlsruhe überzeugt. „Das fehlgeschlagene Verbotsverfahren war allen Sicherheitsbehörden eine Lektion“, sagte er. Die Linke meldete jedoch Zweifel an, dass das gesammelte Material gegen die NPD tatsächlich keine Informationen von V-Leuten enthalte. Die Linke-Innenpolitikerin Ulla Jelpke sagte, dies sei die größte Schwachstelle im Verbotsverfahren.