Porträt Can Dündar: Erdogan-Kritiker im europäischen Exil

Istanbul (dpa) - Can Dündar (55) ist besonders in Europa zu einem Symbol des Kampfes für die - vom Staat bedrohte - Pressefreiheit in der Türkei geworden.

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Einem breiten internationalen Publikum wurde der damalige Chefredakteur der Zeitung „Cumhuriyet“ bekannt, als er im Mai wegen Geheimnisverrats zu mehrjährigen Haftstrafen verurteilt wurde. Mit ihm wurde sein Hauptstadtbüroleiter Erdem Gül verurteilt. Präsident Recep Tayyip Erdogan hatte beide persönlich angezeigt.

Bei der Verkündung des Urteils hob das Gericht das Ausreiseverbot für Dündar und Gül auf - möglicherweise in der Hoffnung, das Problem mit den unbequemen Journalisten würde sich durch deren Flucht erledigen. Kurz vor dem Putschversuch ging Dündar auf Europareise.

Nach der Verhängung des Ausnahmezustands verkündete er, vorerst nicht zurückzukehren. „Einer solchen Justiz zu trauen hätte bedeutet, den Kopf aufs Schafott zu legen“, sagte Dündar. Er trat als Chefredakteur zurück, während Gül vorerst weiter für das Blatt in der Türkei arbeitete. Erst am Mittwoch begann ein zweiter Prozess gegen die beiden Journalisten - diesmal wegen Terrorunterstützung.

„Cumhuriyet“-Chefredakteur war Dündar nicht einmal drei Jahre. Zuvor hatte sich der promovierte Politikwissenschaftler als Journalist, Buchautor und Dokumentarfilmer einen Namen in der Türkei gemacht. Schon vor seiner Verurteilung im Mai genoss Dündar unter liberalen Erdogan-Kritikern großen Respekt. Dündar ist Vater eines Sohnes und verheiratet. Wann er seine Ehefrau Dilek Dündar allerdings wiedersehen kann, ist ungewiss. Die türkische Polizei zog kürzlich ihren Reisepass ein, als sie nach Berlin reisen wollte.