Chodorkowski-Urteil erregt international Kritik

Brüssel/Washington/Moskau (dpa) - Die Bekanntgabe des Strafmaßes für den russischen Kremlkritiker und früheren Öl-Milliardär Michail Chodorkowski ist im Westen auf scharfe Kritik gestoßen.

Das Urteil „lasse ernsthafte Fragen über die selektive Anwendung des Gesetzes aufkommen“, sagte ein Sprecher des US-Außenministeriums am Donnerstag in Washington. Der Fall sei beispielhaft für politisch motivierte Strafverfolgung.

Ein Moskauer Gericht hatte am Donnerstag verkündet, dass der Erzfeind von Regierungschef Wladimir Putin wegen Unterschlagung und Geldwäsche bis 2017 hinter Gittern bleiben muss. Die Bundesregierung bezeichnete das Urteil als Rückschritt auf dem von Präsident Medwedew eingeschlagenen Weg der Modernisierung Russlands. Prozessbeobachter prangerten zahlreiche Ungereimtheiten im Strafverfahren an.

Die Entscheidung des Moskauer Richters sorgt auch in der EU für Empörung. „Die Vorwürfe über Unrechtmäßigkeiten während des Prozesses sind Anlass zu ernster Sorge und Enttäuschung“, sagte die EU- Außenbeauftragte Catherine Ashton. „Die EU erwartet von Russland, dass es seine international eingegangenen Verpflichtungen im Bereich der Menschenrechte und der Rechtsstaatlichkeit einhält.“

Der einst reichste Mann Russlands war bereits zu Wochenbeginn schuldig gesprochen worden. Das Gefängnisurteil wird mit einer früheren Haftstrafe verrechnet. Chodorkowski sitzt seit 2003 im Gefängnis. Sein Geschäftspartner Platon Lebedew erhielt das gleiche Urteil.

Im aktuellen Prozess wegen Unterschlagung von etwa 200 Millionen Tonnen Öl sowie Geldwäsche erhielt Chodorkowski dreizehneinhalb Jahre Haft. Eine Strafe von acht Jahren aus einem ersten Verfahren wegen Steuerhinterziehung werde angerechnet. Daraus ergibt sich eine Gesamtfreiheitsstrafe von 14 Jahren.

Chodorkowski war in der Ära des „Raubtierkapitalismus“ nach dem Ende der Sowjetunion 1991 mit undurchsichtigen Mitteln zum reichsten Mann Russlands aufgestiegen. Er hatte in den Jahren vor seiner Verhaftung immer deutlicher Kritik an Putins Regierung geübt und darüber hinaus Oppositionsparteien unterstützt.