Fragen & Antworten Datenskandal bei Facebook: Ein Blick hinter die Kulissen
Berlin/Menlo Park (dpa) - Das Abfließen von Daten Dutzender Millionen Facebook-Mitglieder an die umstrittene Firma Cambridge Analytica hat das Online-Netzwerk in eine schwere Krise gestürzt. Über Tage schien sich Gründer und Chef Mark Zuckerberg auf Tauchgang befunden zu haben.
Politiker fordern Aufklärung und Konsequenzen, die Aktie sackte deutlich ab. Inzwischen meldete sich Zuckerberg zu Wort - und entschuldigte sich reumütig bei seinen Nutzern. Doch was genau ist passiert?
Wer ist in den Datenskandal verwickelt?
Am Anfang des Skandals um die Weitergabe einiger Daten aus Millionen von Facebook-Profilen steht der britische Wissenschaftler Aleksandr Kogan, der an der Universität Cambridge Neurowissenschaften lehrt. Zahlreiche Einträge über ihn sind auf der Website der Universität inzwischen gelöscht. Laut Medienberichten wurde Kogan in Moldawien geboren, siedelte im Alter von sieben Jahren in die USA um und studierte unter anderem in Berkeley (Kalifornien) und Hongkong.
Kogan hatte vermeintlich für eine wissenschaftliche Studie eine Umfrage mit Hilfe einer Quiz-App auf Facebook gestartet. Die gewonnenen Informationen über die Nutzer und deren Freunde gab er dann an die Analyse-Firma Cambridge Analytica weiter. Wie er der „BBC“ sagte, habe er in gutem Glauben gehandelt. Es habe ein sehr laxer Umgang mit Datenbeständen geherrscht, sagte Kogan. Von Facebook und Cambridge Analytica sieht er sich jetzt zu Unrecht zum Sündenbock gemacht.
Was macht Cambridge Analytica?
Das Unternehmen mit offiziellem Sitz in New York ist ein Spezialist für die Analyse großer Datenmengen (Big Data). Schwerpunkt ist, aus den Datenbeständen konkrete Schlussfolgerungen über die politische Einstellung von Menschen sowie Vorhersagen möglichen Verhaltens herauszulesen. Firmenchef Alexander Nix wurde im Zuge des Datenskandals suspendiert. Vor versteckter Kamera hatte er freizügig mit Erpressungsversuchen von Wahlkandidaten geprahlt.
In dem Video stellte Nix auch die maßgebliche Rolle von Cambridge Analytica beim Wahlsieg von Donald Trump und seine gute Beziehung zu dem jetzigen US-Präsidenten heraus. Aus dem Weißen Haus wird der Einfluss der Datenanalysten dagegen heruntergespielt. Laut „Washington Post“ hatte Cambridge Analytica insgesamt sechs Millionen Dollar von den Republikanern für ihre Kampagnen erhalten, die von dem ehemaligen Chef-Strategen und Rechtsaußen Steve Bannon koordiniert worden seien.
Die Muttergesellschaft SCL bietet auf Basis der Analyse von Daten die maßgeschneiderte Kommunikation auf bestimmte Zielgruppen an. Die in den 90er Jahren in London gegründete Firma war bereits für Regierungen und Politiker vieler Länder aktiv. Die SCL Group wurde unter anderem von dem US-Milliardär und Informatiker Robert Mercer unterstützt, der durch algorithmische Vorhersagen im Börsenhandel reich wurde. Seit längerem ist auch bekannt, dass Mercer aktiv den Trump-Wahlkampf unterstützte, insgesamt 15 Millionen Dollar sollen geflossen sein.
Wie reagiert Facebook?
Nach tagelangem Schweigen hat sich Facebook-Chef Mark Zuckerberg inzwischen entschuldigt. Es sei ein grober Vertrauensbruch gegenüber den Nutzern gewesen, sagte er in einem CNN-Interview am Mittwochabend. Er wolle wenn nötig auch vor dem US-Kongress zu dem Skandal aussagen und kündigte Reformen auf der sozialen Plattform an. Zuckerberg wurde von mehreren Seiten vorgeworfen, schon über Jahre von der Problematik gewusst zu haben.
Wie reagiert die Politik?
Politiker in den USA und Europa fordern härtere Regeln für den Datenschutz bei Online-Plattformen und setzen sich für eine strengere Regulierung ein. In den USA prüft die Verbraucherschutzbehörde FTC laut Medienberichten den Fall.
Was folgt in Deutschland aus dem Skandal?
Justizministerin Katharina Barley (SPD) hat Vertreter von Facebook Europe für kommenden Montag in ihr Ministerium geladen und fordert Aufklärung über den Sachverhalt und geplante Maßnahmen. Zu klären sei auch, ob Facebook-Nutzer aus Deutschland davon betroffen seien. Nach dem Willen der Justizministerin sollen Nutzer künftig leichter erkennen, was mit ihren Daten gemacht wird. „Was wir vorhaben ist, dass wir die Algorithmen transparenter machen.“
In Europa tritt im Mai auch die neue Datenschutzgrundverordnung (DSGVO) in Kraft, die eine solche Datenweitergabe an Dritte verbietet. Ein Verstoß wird mit hohen Bußgeldern belegt, bei größeren, international agierenden Unternehmen kann das bis zu vier Prozent des weltweiten Jahresumsatzes ausmachen.