Datenskandal um Facebook Neue und alte Fragen zu Trumps Wahlkampf

Washington (dpa) - Der gewaltige Datenskandal um Facebook und die britische Datenfirma Cambridge Analytica wirft neue Fragen über das Zustandekommen des Wahlsiegs von Donald Trump auf.

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Die umstrittene Datenanalyse-Firma bestritt nach Angaben ihres inzwischen suspendierten Chefs Alexander Nix einen Großteil des Wahlkampfs für Trump. Sie soll Zugriff auf Facebook-Daten von bis zu 50 Millionen Menschen gehabt haben. Die US-Verbraucherschutzbehörde FTC leitete deshalb eine offizielle Untersuchung gegen Facebook ein.

Cambridge Analytica (CA) wurde bekannt als die Firma, deren Datenauswertung für Trumps Sieg 2016 eine Rolle gespielt haben soll. Mit ihrer Hilfe konnten Wähler auf ihren Facebookseiten sehr gezielt mit politischen Anzeigen oder vermeintlich unabhängigen Berichten adressiert werden. Der Whistleblower Christopher Wylie behauptet, Trumps Team habe diese maßgeschneiderten Botschaften in großem Ausmaß setzen können.

Anhänger dieser Theorie sehen den Einfluss von CA als entscheidend an, weil Trump im komplizierten Wahlsystem der USA entscheidende Staaten wie Pennsylvania, Michigan oder Wisconsin letztlich mit nur insgesamt 79 646 Stimmen für sich drehte - angeblich über „Big Data“ maßgeblich beeinflusst. Die Mehrzahl der Analysen verweist rückblickend aber darauf, dass Daten als Hebel zwar wichtig waren, letztlich aber viele andere Faktoren Trump zum Sieger machten.

In Washington will die Opposition nun wissen, was Trump und sein Team wann von dem Datenmissbrauch gewusst haben. Demokraten wollen Ex-Mitarbeiter von CA vorladen und befragen. Und sie wollen wissen, ob es einen Zusammenhang mit der Wahlbeeinflussung durch Russland gibt, wurde doch aus Russland eine ganze Armee von Internet-Trollen in den US-Wahlkampf geschickt. Sonderermittler Robert Mueller hat zahlreiche Anklagen erhoben. Es läge nahe, dass sich sein Team auch für einen etwaigen Datenaustausch zwischen Trumps Team und Russland interessiert.

Bei Entstehung und Hintergründen von CA gibt es im Zusammenhang mit Trump einige Auffälligkeiten. Die CA-Mutter Strategic Communication Laboratories Group (SCL) hatte von 2013 an enge Verbindungen zu Steve Bannon, damals Herrscher über das rechte Imperium von „Breitbart News“ und später erst Trumps Wahlkampfleiter und dann Chefstratege im Weißen Haus. Ungleich wichtiger gewann SCL, die sich vollmundig der „psychologischen Kriegsführung“ brüstete, das Ohr der republikanischen Megaspender Rebekah und Robert Mercer. Sie gaben für die SCL-Ausgründung von CA 15 Millionen Dollar. An die Spitze von CA kam Alexander Nix.

Bei der Entscheidung, CA an Bord des Trump-Wahlkampfes zu holen, waren Berichten zufolge dann prominente Namen beteiligt: Trump-Schwiegersohn Jared Kushner, der damalige Wahlkämpfer Paul Manafort sowie Brad Parscale - den hat Trump gerade zum Chef seines „Wiederwahl“-Wahlkampfs 2020 ernannt. Damals führte Parscale die Online-Operationen der Trump-Kampagne. Das Magazin „Wired“ schreibt, CA habe 13 Mitarbeiter in Parscales Team entsandt.

Hier kommt nun Facebook ins Spiel, oder eben auch nicht. Trumps Team hat mehrfach betont, dass es für seinen Datenwahlkampf nicht auf die Daten des Social-Media-Riesen zurückgegriffen habe, sondern auf Datensätze der Republikaner. Trotzdem werden CA und Facebook mit lauter werdenden Fragen konfrontiert, was damals genau passierte.

Dazu kommt der Komplex der 2016 gehackten Mail-Server der US-Demokraten. Sonderermittler Mueller möchte wissen, ob jemand aus Trumps Team darin verstrickt ist. Das „Wall Street Journal“ berichtet, CA-Chef Nix habe in der Frage dieser Daten niemand anderen kontaktiert als WikiLeaks und Julian Assange. Und zwar genau in der Zeit, als CA mit Trumps Team vertragseinig wurde.

Cambridge Analytica wird in vielen Berichten als aufgeblasene Schwatzbude bezeichnet. Gleichwohl steht das Unternehmen gemeinsam mit Facebook nun als Sinnbild einer ungleich größeren Frage am Pranger: Wie lässt sich Datenrohstoff politisch nutzen, der via Social Media geerntet wird?

Der Think Tank Soufan sieht die aktuelle Entwicklung nur als Spitze eines riesigen Eisbergs mit gewaltigen Konsequenzen für die Gesellschaft, als ein fast zwangsläufiges Beiprodukt des digitalen Zeitalters. Nüchtern konstatieren die Forscher: „Der Skandal, der sich um die missbräuchliche Nutzung großer Mengen von Facebook-Nutzerdaten seitens Cambridge Analytica entfaltet, ist der am wenigsten überraschende der jüngeren Geschichte.“