Nach erfolgreicher Wahl Der Showman ist zurück: Donald Trump, Chaot und Stratege

Cincinnati (dpa) - The show must go on! Donald Trump, künftiger Präsident der Vereinigten Staaten, ist wieder auf der Bühne. Sprücheklopfend, wie in besten Wahlkampfzeiten, sich selbst lobend, Amerika preisend und die Medien zeihend.

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Gut drei Wochen nach dem Wahltag stehen die Amerikaner vor der Frage: Wen haben wir gewählt? Einen Chaoten oder einen Strategen? Und Trump beantwortet beides mit Ja.

Seine ersten beiden öffentlichen Auftritte nach drei Wochen in der Klausur nutzte er fast wie einen Befreiungsschlag. Er ließ sich feiern und feierte sein Publikum, genoss den Applaus und seine eigenen Spitzen gegen alle, die er nicht leiden kann. Doch wieder konnte er auch diesmal nicht umhin, zu hetzen, zu übertreiben, mit falschen oder schrägen Argumenten zu arbeiten und zu spalten, wo er doch eigentlich einen will. Der Bau einer Mauer an Mexikos Grenze, die Ausweisung von Ausländern - Trump war wieder ganz der Wahlkämpfer, über den halb Amerika den Kopf schüttelte, dem die andere Hälfte aber zujubelte.

Trumps erste Wochen als „President elect“ liefen schleppend an, Vieles in seinem Team wirkte wie Flickschusterei, ein bisschen so, als hätten weder er noch seine Vertrauten einen Plan für den Fall des überraschenden Wahlsieg in der Schublade. Doch dann überraschte er. Mit Personalien einerseits, mit Verhandlungsgeschick andererseits.

Sein neuer Verteidigungsminister etwa, James Mattis, ist eine eigenwillige Wahl. „Mad Dog“ lautet sein Spitzname, „Verrückter Hund“. Er ist bekannt für seine markigen Sprüche. Doch Mattis ist ein anerkannter Experte, ein brillanter Militärstratege, der sich auf dem Schlachtfeld und im Situation Room bestens auskennt, ein Militärintellektueller mit einer Bibliothek, die Tausende Bücher umfasst.

Mattis passt exakt ins Bild einer Präsidentschaft Marke Trump. Mit Mattis, dem Sprücheklopfer, kann er das rustikalere Wählerklientel etwa im Mittleren Westen bedienen. Die Leute kreischen, wenn sie nur den Spitznamen „Mad Dog“ hören. Mattis ist aber durchaus jenen zu verkaufen, die an Verteidigungspolitik höhere Ansprüche haben. Auch von den Demokraten kam nach der Nominierung des Vier-Sterne-Generals - der erste Militär an der Spitze des Pentagons seit George Marshall („Marshall-Plan“). Der hatte 1953 den Friedensnobelpreis bekommen.

In seiner republikanischen Partei schuf Trump überraschend Ruhe. Selbst die lautstärksten Kritiker sind zahm geworden. Mitt Romney, der Trump im Wahlkampf noch einen Betrüger und Aufschneider nannte, ist plötzlich „beeindruckt“ und Aspirant auf das Außenministerium. Paul Ryan, der sich mit Trump nicht auf einer Bühne zeigen wollte, lobt „unseren künftigen Präsidenten“. Trump hat es geschafft, die Kritiker mundtot zu machen und trotzdem seine Linie durchzuziehen.

Personell setzt er auf Generäle und Finanzjongleure in Schlüsselfunktionen. So wird Trumps Wirtschaftspolitik künftig von superreichen Hedge-Fonds-Managern bestimmt. Steve Mnuchin soll die Finanzen regeln, Wilbur Ross, eine milliardenschwerer Investor, wird sich um den Handel kümmern. Die grobe Linie gab Trump in Cincinnati erneut vor: Deregulierung über alles, niedrige Steuern, freie Fahrt für freie Unternehmen. Niemand soll mehr dafür bestraft werden, wenn er seine Geschäfte in Amerika macht.

Kritiker sehen das anders: Sie fürchten, dass künftig vor allem die Banken absahnen - ausgehend von der Wall Street, möglicherweise im Einklang mit der durch den Brexit von EU-Zügeln befreiten Londoner City. Klimaschützer schlagen Alarm: 2000 Forscher richteten gerade einen offenen Brief an Trump und forderten ihn auf, die Ergebnisse wissenschaftlicher Forschung anzuerkennen. Seine energiepolitischen Ankündigungen lassen bei Umweltschützern die Alarmglocken klingeln.

Trumps Worte klingen vor dem Hintergrund fast wie Ironie: „Das ist der Moment, das ist die Stunde. Dies ist das Zeitfenster zum Handeln“, sagt Trump und ruft ins Rund von Cincinnati: „Wer jetzt seine Erwartungen zurückschraubt, ist ein Idiot“. Kurz zuvor war er in Indiana, wo ihm ein PR-Coup glückte. Trump, der selbst ernannte „Deal-Maker“, hat einen Klimaanlagen-Hersteller überzeugt, mehrere Hundert Arbeitsplätze nicht nach Mexiko zu verlegen. Der Steuerzahler muss das mit sieben Millionen Dollar bezahlen.

Strukturpolitisch ist die Aktion bedeutungslos, PR-technisch ein großer Sieg für den neuen Präsidenten. Er kann sich als Macher in Szene setzen, als jemand, der Dinge erledigt bekommt, der Versprechen an die kleinen Leute wahr macht. Es ist nicht die Zeit der Mahner. Bernie Sanders, in den Vorwahlen gescheiterter Bewerber der Demokraten warf die Frage auf, ob jetzt jedes Unternehmen nur noch mit dem Verlagern von Arbeitsplätzen drohen muss, wenn es Steuererleichterungen haben will. Sie ging beinahe unter im Jubelgetöse.