Hintergrund Die Flügel - und was aus ihren Vertretern werden könnte
Berlin (dpa) - Seit vielen Jahren werden die Strömungen innerhalb der Grünen in einen linken und einen realpolitischen Flügel eingeteilt.
Während die Realos schon bald nach der Gründung der Partei 1980 Kurs auf eine Regierungsbeteiligung samt der dazu nötigen inhaltlichen Kompromisse nahmen, waren die Parteilinken - früher auch „Fundis“ genannt - da zunächst skeptisch, was zu heftigen Auseinandersetzungen führte.
Inzwischen gelten die Links-Grünen eher Rot-Rot-Grün zugeneigt, die Realos eher einer Zusammenarbeit mit der Union, wenn es für Grüne und SPD allein nicht reicht. Öffentliche Grabenkämpfe gab es zuletzt aber nur noch selten, etwa um die Forderung einer Vermögensteuer. Vor Parteitagen haben die Flügeltreffen eine wichtige Funktion, weil sie der Koordinierung von Abstimmungen und Anträgen dienen. Über E-Mail-Verteiler kommunizieren die Parteiflügel auch im Alltag.
Chefposten werden bisher in der Regel mit Vertretern beider Flügel besetzt. Anders als die Frauenquote ist das aber nicht in den Statuten festgeschrieben. So stand bei der bisherigen Doppelspitze Simone Peter für den linken Flügel, Cem Özdemir für den realpolitischen. Beide werden beim Parteitag Ende Januar nicht mehr für den Parteivorsitz kandidieren.
Özdemir gab zuletzt wegen geringer Erfolgsaussichten auch seine Ambitionen für den Co-Vorsitz in der Bundestagsfraktion auf. Der Schwabe wird von einigen als möglicher Nachfolger des konservativ-grünen Ministerpräsidenten Winfried Kretschmann in Stuttgart gehandelt - er sieht seine Zukunft nach eigenen Anhaben aber in Berlin. Was aus Peter wird, ist ebenfalls offen.
Um den Parteivorsitz bewerben sich nach bisherigem Stand drei Kandidaten: Die niedersächsische Landtags-Fraktionschefin Anja Piel vom linken Flügel tritt beim Parteitag in Hannover gegen Robert Habeck, derzeit Umweltminister in Schleswig-Holstein, und Annalena Baerbock, Bundestagsabgeordnete aus Brandenburg, an. Die beiden werden den Realos zugerechnet. Vor allem Habeck versteht sich selbst aber als „flügellos“.
In der Bundestagsfraktion wird die alte wohl auch die neue Doppelspitze sein: Katrin Göring-Eckardt von den Realos und Anton Hofreiter vom linken Flügel werden voraussichtlich Vorsitzende bleiben.