Bundesparteitag in Münster Die Grünen und die Steuern: Ein Kompromiss, der keiner ist

Münster (dpa) - Es ist vollbracht. Die Grünen haben eine Steuer-Entscheidung getroffen. Ein knappes Jahr vor der nächsten Bundestagswahl war es dafür höchste Zeit.

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Schließlich sollen die Wähler an Ökologie denken und an Gerechtigkeit, wenn es um die Grünen geht, nicht an öffentlich ausgetragenen Streit um die Vermögensteuer. Jetzt müsse man seine Zeit damit nicht mehr „verplempern“, sagt Parteichef Cem Özdemir. Das wird sich zeigen.

Wer hat sich durchgesetzt? Wenigstens zum Teil die Parteilinken um Jürgen Trittin, die Vorsitzende Simone Peter und Bundestags-Fraktionschef Anton Hofreiter. Der Antrag kam zwar von der Fraktionsspitze, die Realo-Vorsitzende Katrin Göring-Eckardt inklusive, die drei haben aber besonders lautstark für die Wiedereinführung der Vermögensteuer geworben. Als am Ende der stundenlangen und ziemlich konzentrierten Debatte nur noch zwei Anträge zur Wahl stehen, die beide das V-Wort enthalten, strahlt Trittin übers ganze Gesicht.

Vermögensteuer im Wahlprogramm - das klingt nach Rot-Rot-Grün. Die Linke ist dafür, die SPD ist sich nicht einig, die Union ist dagegen. Haben die Grünen also eine Richtungsentscheidung getroffen? „Das halte ich für Quatsch“, sagt Realo-Vertreter Özdemir. Das Gegenteil sei der Fall - wer die Grünen nach links rücke, mache das „R2G“ genannte Mitte-Links-Bündnis unwahrscheinlicher. Schließlich brauche es dann die Grünen erst Recht als bürgerliches Gleichgewicht.

Die Grünen schreiben sich nun nicht einfach eine Vermögensteuer ins Wahlprogramm, sondern eine „für Superreiche“, die verfassungsfest, ergiebig und umsetzbar ist und Arbeitsplätze und die Innovationskraft von Unternehmen nicht gefährdet. „Ich bin mal gespannt, wie man das macht“, sagt Oberrealo Winfried Kretschmann, der Ministerpräsident aus Baden-Württemberg. Özdemir hat schon früher in viele Mikrofone gesagt, dass ihm so ein Modell noch nicht untergekommen sei. „Diese Steuer wird nie kommen“, sagen führende Realo-Köpfe.

Wer ist eigentlich superreich? Dass es nicht konkreter wird, ist Absicht. Dass bis ins Detail ausgearbeitete und allzu ehrgeizige Steuerpläne sich nicht auszahlen, haben die Grünen bei der letzten Bundestagswahl (8,4 Prozent) schmerzlich erfahren. Es war wohl auch nur die unklare Formulierung, die es Reformern wie Fraktionschefin Göring-Eckardt überhaupt ermöglicht hat, den Kompromiss mitzutragen. „So können wir geschlossen ins nächste Jahr ziehen“, sagt sie nun.

Der Weg dahin war lang und steinig, die Fronten verhärtet. In den Tagen vor dem Parteitag wollte der Politische Geschäftsführer der Grünen, Michael Kellner, die fünf unterschiedlichen Vorschläge gerne zusammenfassen zu vier, vielleicht sogar drei - es gelang nicht. Bewegung habe es auf allen Seiten „in kleinsten Schritten oder gar nicht“ gegeben, sagt er.

Damit die Grünen jetzt wegkommen vom Steuerthema, müssen sie es uninteressant machen, und sich nicht weiterhin ständig gegenseitig widersprechen. Er sei ein „scharfer Gegner“ der Vermögensteuer, sagt Kretschmann ein paar Minuten nach der Entscheidung. Er sagt aber auch: Es gebe doch viel wichtigere Fragen. Rechtspopulismus und Spaltung der Gesellschaft, „das sind die großen Herausforderungen“.