Fragen und Antworten Die IS-Schockbilder der Marine Le Pen
Brüssel/Paris (dpa) - Mitten im französischen Wahlkampf hat das Europaparlament die parlamentarische Immunität von Präsidentschaftskandidatin Marine Le Pen aufgehoben.
Können strafrechtliche Ermittlungen die Chancen der Rechtspopulistin auf einen Sieg in der ersten Runde schmälern? Die wichtigsten Fragen und Antworten im Überblick:
Worum geht es in dem Fall?
Len Pen hatte Ende 2015 über den Kurznachrichtendienst Twitter mehrere Bilder von Opfern der Terrormiliz Islamischer Staat (IS) verbreitet. Eines von ihnen zeigte den blutverschmierten und enthaupteten Leichnam des US-Journalisten James Foley. Die französische Justiz leitete daraufhin Ermittlungen ein. Die Verbreitung von Bildern mit Gewaltdarstellungen, die die Menschenwürde verletzen, ist in Frankreich eine Straftat. Wenn das Risiko besteht, dass Minderjährige diese Bilder sehen, kann sie mit einer Haftstrafe von drei Jahren und einer Geldstrafe in Höhe von 75 000 Euro geahndet werden. Zudem kann dem Verurteilten zum Beispiel das Recht entzogen werden, gewählt zu werden oder zu wählen.
Muss Le Pen nun um ihre Präsidentschaftskandidatur fürchten?
Nein. Dass die 48-Jährige bis zur ersten Wahlrunde am 23. April rechtskräftig verurteilt wird, gilt als ausgeschlossen. Die Aufhebung der parlamentarischen Immunität ebnet nun erst einmal den Weg dafür, dass Le Pen in dem Fall überhaupt von den Ermittlern vernommen werden kann. Erst im nächsten Schritt könnte es zu einer Anklage und einem Prozess kommen. Und selbst dann wäre es keinesfalls sicher, dass es ein hartes Urteil geben würde. Dass Le Pen wegen des Falls das aktive und passive Wahlrecht entzogen wird, oder dass sie gar ins Gefängnis muss, halten Juristen für ausgeschlossen. Die zugrundeliegenden Strafrechtsartikel wurden zum Beispiel für Täter entwickelt, die Kinderpornografie verbreiten.
Was sagt Len Pen zu den Vorwürfen?
Sie reagierte mit der Veröffentlichung der Terrorbilder nach eigenen Angaben auf eine TV-Sendung, in der aus ihrer Sicht zu Unrecht eine Parallele zwischen ihrer Partei und dem IS gezogen worden war. Über die auf Twitter verbreiteten Fotos der IS-Opfer schrieb sie: „Das ist der IS.“ Damit wollte sie klar machen, dass die Terrormiliz nichts mit ihrer Partei gemein hat.
Wie geht es jetzt weiter?
Das Verfahren liegt in den Händen der zuständigen Ermittlungsrichters. Wenige Wochen vor der Präsidentschaftswahl gibt es allerdings durchaus Stimmen, die vor einem zu schnellen Vorantreiben der Ermittlungen warnen. In der Vergangenheit gelang es Le Pen immer wieder, ihrer Wählerschaft Ermittlungen gegen sie als politisch motiviert zu verkaufen.
Der parteilose Europaabgeordnete Janusz Korwin-Mikke versuchte am Donnerstag sogar, die Abstimmung über die Aufhebung der Immunität auf ein Datum nach der Präsidentschaftswahl verschieben zu lassen. „Wenn wir heute darüber abstimmen, wird sie Hundertausende zusätzliche Stimmen bekommen“, argumentierte der polnische Politiker. Le Pen werde sich als Verfolgte darstellen und die Wahl gewinnen.
Bei der Präsidentschaftswahl in Frankreich würde Le Pen nach aktuellen Umfragen in der ersten Runde am 23. April die meisten Stimmen holen und erst in der Stichwahl am 7. Mai dem parteiunabhängigen Kandidaten Emmanuel Macron unterliegen.
Was ist mit den anderen Vorwürfen gegen Le Pen und ihre Partei Front National (FN)?
Auch sie konnten Le Pen bislang nichts anhaben. Seit Wochen erhöhen Ermittler den Druck auf die Präsidentschaftskandidatin, weil sie FN-Mitarbeiter rechtswidrig aus der Kasse des EU-Parlaments bezahlt haben soll. Doch die Popularität Le Pens hat dadurch kaum einen Kratzer erhalten.