Drogeriekette Schlecker will Insolvenz anmelden
Ehingen (dpa) - Deutschlands größte Drogeriekette Schlecker ist zahlungsunfähig und geht in die Planinsolvenz. Grund sei eine geplatzte Zwischenfinanzierung, teilte das Familienunternehmen am Freitag mit, ohne konkreter zu werden.
Der Insolvenzantrag werde „kurzfristig“ eingereicht.
Ziel sei der Erhalt eines großen Teils des schrumpfenden, aber immer noch tausende Läden umfassenden Filialnetzes - und damit auch der etwa 30 000 Jobs in Deutschland. Der Geschäftsbetrieb werde unverändert weiterlaufen.
Der Insolvenzantrag werde spätestens am Montag eingereicht, erfuhr die Nachrichtenagentur dpa. Ein Sprecher des Amtsgerichts Ulm sagte, noch seien keine Unterlagen eingetroffen.
Die ausgefallene Zwischenfinanzierung kam nach dpa-Informationen auch für die Geschäftsführung in Ehingen sehr überraschend. Um welchen Betrag und welche Art von Finanzierung es geht, wollte ein Sprecher nicht sagen. Jedenfalls könnten die weiteren Maßnahmen der laufenden Restrukturierung nicht wie geplant umgesetzt werden. Dazu gehörte unter anderem die Umgestaltung weiterer Filialen und die Neuorganisation der Logistik.
In seinem Insolvenzantrag will Schlecker den Gläubigern Vorschläge unterbreiten, wie es mit dem Konzern weitergehen kann. Die Mitarbeiter wurden ebenfalls am Freitag informiert. „Wir glauben an die Zukunftsfähigkeit des Unternehmens“, sagte der Sprecher. Berichte über Lieferengpässe und Zahlungsschwierigkeiten hatte Schlecker immer wieder dementiert. Nach jahrelang roten Zahlen wollten die Unternehmenserben Meike und Lars Schlecker das Unternehmen wieder auf Gewinnkurs trimmen - und blieben bei diesem Ziel für 2012.
Die Dienstleistungsgewerkschaft Verdi forderte in einer ersten Reaktion vollen Einsatz der Unternehmensspitze für die Jobs: „Anton Schlecker trägt als Eigentümer persönlich die Verantwortung für seine Beschäftigten. Besonders in einem solchen Falle gilt: Eigentum verpflichtet“, erklärte Stefanie Nutzenberger, Verdi-Vorstandsmitglied für den Handel. Die Beschäftigten hätten sich selbst mit viel Einsatz für das Unternehmen eingesetzt.
Bislang hatte es keine betriebsbedingten Kündigungen gegeben. Das Unternehmen selbst hatte Verdi aber im Dezember gebeten, über einen Sanierungstarifvertrag zu verhandeln. Zuletzt hatte das Unternehmen über 1000 Filialen zugemacht und begonnen, sein altes Filialnetz zu sanieren. Ziel ist es, mit attraktiveren Läden mit den Konkurrenten dm und Rossmann mithalten zu können.
Doch das Unternehmen reagierte nach Ansicht eines Experten viel zu spät. „Schlecker hat erst gegengelenkt, als es längst zu spät war. Die Wettbewerber wurden mit jedem Tag stärker und Schlecker täglich schwächer“, sagte der Discountexperte Matthias Queck vom Handelsinformationsdienst Planet Retail in Frankfurt der Nachrichtenagentur dpa. „Anton Schleckers Konzept funktionierte nur da ganz ordentlich, wo er konkurrenzlos war. Doch die Konkurrenz ist inzwischen überall. Auch in jeder Kleinstadt“, schilderte Queck den harten Wettbewerb.
Im Geschäftsjahr 2010 war der europaweite Umsatz um rund 650 Millionen Euro auf 6,55 Milliarden Euro gesunken. Für 2011 rechnete der schwäbische Familienkonzern erneut mit sinkenden Erlösen. Neuere Zahlen hatte Schlecker bisher nicht genannt. Angaben zum Gewinn oder Verlust macht die Kette traditionell nicht. Die Mitarbeiterzahl lag Ende 2011 bei über 30 000 in Deutschland und weiteren rund 17 000 im Ausland.
Zuletzt hatte Schlecker noch rund 7000 Läden in Deutschland und etwa 3000 weitere in Österreich, Spanien, Frankreich, Italien, Tschechien, Polen und Portugal. Im Wettbewerb hatten die Konkurrenten dm (Karlsruhe) und Rossmann aufgeholt. Dessen Gründer Dirk Roßmann sagte der Nachrichtenagentur dpa am Freitag: „Die Insolvenz ist eine Katastrophe für die Mitarbeiter und die Inhaberfamilie, die ich seit über 35 Jahren persönlich kenne.“ Die Entwicklung sie durch rückläufige Erlöse und den geringen Durchschnittsumsatz pro Filiale absehbar gewesen.