Tote Studentin in Freiburg Ein blondiertes Haar hilft der Polizei

Freiburg (dpa) - Sieben Wochen nach dem Verbrechen, das nicht nur Freiburg erschüttert hat, sieht sich die Polizei am Ziel. Einer Streifenwagenbesatzung im Stadtteil Littenweiler, nicht weit vom Tatort entfernt, fällt ein junger Mann mit rasierten Schläfen und Zopf auf.

Die zwei Polizisten bringen ihn zur Kriminalpolizei. Die ist sich nach einem DNA-Abgleich sicher: Der 17-Jährige ist der Gesuchte. Er soll eine 19 Jahre alte Studentin vergewaltigt und ermordet haben. Es ist ein junger Mann aus Afghanistan. Er kam 2015 als unbegleiteter Flüchtling nach Deutschland, lebte in Freiburg bei einer Pflegefamilie. Nun sitzt er in Untersuchungshaft.

„Bei aller Tragik des Geschehens freuen wir uns über diesen Erfolg“, sagt der Freiburger Polizeipräsident Bernhard Rotzinger in einer Pressekonferenz. Die Polizei stand in dem Fall unter Druck. Am Samstag, einen Tag nach der Festnahme, präsentierte sie erste Details.

Die Beamten sind sich sicher: Sie haben den Täter gefunden. Ihm werden Vergewaltigung und Mord zur Last gelegt, sagt Oberstaatsanwalt Dieter Inhofer. Der 17-Jährige äußere sich nicht. Doch die Beweise seien eindeutig. Zum Verhängnis wurde dem Mann ein einzelnes Haar seiner auffälligen, gefärbten Frisur.

Die Medizinstudentin aus dem baden-württembergischen Enzkreis, die zum Studieren ins idyllische Freiburg gekommen war, hatte Mitte Oktober an der Universität eine Studentenparty ihrer Fachschaft besucht und war nachts mit ihrem Fahrrad alleine auf dem Weg nach Hause. Am Fluss Dreisam, direkt neben dem Stadion des Fußball-Erstligisten SC Freiburg, wurde sie Opfer des Verbrechens.

Am Morgen danach fand man ihre Leiche im Fluss. Todesursache ist Ertrinken, sagt Chefermittler David Müller. Ob sie ertränkt wurde oder bewusstlos im Wasser lag und dann starb, ist noch unklar.

Die Polizei mähte für ihre Ermittlungen einen Brombeerstrauch am Uferrand, packte diesen in drei Säcke und schickte ihn zur Untersuchung zum Landeskriminalamt (LKA) nach Stuttgart. Dort fanden Analytiker Wochen später ein 18,5 Zentimeter langes schwarzes, blondiertes Haar, an dessen Wurzel männliche DNA gesichert wurde.

Damit war klar: Der Täter hat eine auffällige Frisur. Zudem fand sich im Flussbett ein Schal. Auch er gehörte, wie sich erst später herausstellte, dem Tatverdächtigen.

Die Polizei sichtete die Videoüberwachung von Straßenbahnen, jedoch zunächst ohne Erfolg. Eine junge Beamtin, erst seit Kurzem bei der Polizei, gab sich damit nicht zufrieden. Sie schaute genauer hin und wurde fündig.

Sie entdeckte den Mann in einem Überwachungsvideo: Der 17-Jährige mit der auffallenden Frisur und dem Schal war in der Tatnacht in der Nähe des Tatorts, einem gut bürgerlichen Freiburger Stadtteil, mit der Bahn unterwegs. Er wurde polizeiintern zur Fahndung ausgeschrieben - und zwei Tage später durch Zufall in dem Wohngebiet entdeckt. Polizisten erkannten ihn an der Frisur. Er und das Opfer lebten im gleichen Stadtteil. Ob sie sich kannten, ist noch unklar. Das Umfeld des Mannes wird nun untersucht.

Auf die Frage, ob der Verdächtige auch für den Mord an einer 27-Jährigen in Endingen bei Freiburg verantwortlich sein könnte, sagte die Polizei, dazu gebe es keine Hinweise. Sie könne dies aber auch nicht ausschließen. In Endingen fand sich kein verwertbares DNA-Material. Die junge Frau, die alleine zum Joggen ging, wurde drei Wochen nach der Tat in Freiburg Opfer eines tödlichen Sexualverbrechens.

Die Festnahme des minderjährigen unbegleiteten Flüchtlings löste im Internet rasch Debatten über die Flüchtlingspolitik aus. Freiburger Oberbürgermeister Dieter Salomon (Grüne), der schon seit langem das Sicherheitsgefühl in seiner Stadt beeinträchtigt sieht, mahnte zur Besonnenheit und rief dazu auf, „die Herkunft des Täters nicht für Pauschalurteile heranzuziehen, sondern den Einzelfall zu betrachten“.

Überprüft werden soll den Angaben zufolge nun auch die Pflegefamilie sowie die Rolle der Behörden, die Aufsicht über den 17-Jährigen hatten. Angeklagt wird er nach Angaben des Staatsanwalts nach Jugendstrafrecht, denn sein Alter sei unstrittig. Es drohten ihm damit bei einer Verurteilung maximal zehn Jahre Haft sowie, unabhängig vom Alter, die Abschiebung.