Gabriel: Verhältnis angespannt EU-Auftrittsverbot für türkische Politiker nicht in Sicht
Brüssel (dpa) - Im Streit um Wahlkampfauftritte türkischer Regierungsmitglieder in Europa zeichnet sich kein gemeinsames Vorgehen der EU-Staaten ab.
Österreich und die Niederlande machten bei einem Außenministertreffen in Brüssel klar, dass sie grundsätzlich Reden türkischer Minister in ihren Ländern verhindern wollen. Bundesaußenminister Sigmar Gabriel äußerte sich hingegen deutlich zurückhaltender. Er verwies auf das Prinzip der freien Meinungsäußerung und schränkte lediglich ein, dass innenpolitische Spannungen nicht aus der Türkei nach Deutschland importiert werden dürften.
Auf die Frage, ob die Bundesregierung dem türkischen Staatspräsidenten Recep Tayyip Erdogan einen Wahlkampfauftritt in Deutschland ermöglichen würde, merkte Gabriel an, dass dieser bereits in der Vergangenheit „ganz häufig“ in Deutschland geredet habe. Bei Veranstaltungen müsse allerdings gewährleistet sein, dass Emotionen nicht so hochgeschaukelt würden, dass hinterher die Sicherheit gefährdet sei.
Wie Gabriel sprach sich auch Österreichs Außenminister Sebastian Kurz klar für nationale Lösungen aus. „Wenn wir uns die Situation anschauen, dann wissen wir, es sind drei, vielleicht vier europäische Länder betroffen“, sagte er. „Also ich glaube nicht, dass es hier gut wäre, diese Debatte ins Nirwana der europäischen Diskussion zu verschieben.“
Der ÖVP-Politiker Kurz distanzierte sich damit von den Vorstellungen des Koalitionspartners in Wien. Kanzler Christian Kern (SPÖ) hatte am Wochenende in der „Welt am Sonntag“ für ein EU-weites Verbot von Wahlkampfauftritten türkischer Politiker plädiert.
Als Grund für die Ablehnung von Wahlkampfauftritten türkischer Politiker in Österreich nannte Kurz Sicherheitsbedenken und die Gefahr gesellschaftlicher Probleme. „Wir wollen grundsätzlich nicht, dass Wahlkämpfe aus anderen Staaten nach Österreich hereingetragen werden und somit Konflikte aus anderen Ländern zu uns importiert werden“, sagte er. Dies sei immer schädlich für die Integration.
Ähnlich deutlich äußerte sich der niederländische Außenminister Bert Koenders. Er sagte: „Es ist nicht wünschenswert, dass Minister aus der Türkei in den Niederlanden Wahlkampf machen.“ Dies habe die niederländische Regierung auch den türkischen Behörden klar gemacht. Aus niederländischer Sicht sollte die Türkei nicht innenpolitische Themen ins Ausland exportieren. Auftrittsverbote seien kein Grund für „verbale Aggression“.
Bei Auftritten in der EU wollen türkische Regierungspolitiker für ein Präsidialsystem werben an, das Erdogan deutlich mehr Macht verleihen würde. An der Volksabstimmung darüber in der Türkei am 16. April können auch im Ausland lebende wahlberechtigte Türken teilnehmen, darunter rund 1,4 Millionen in Deutschland.