EU-Reform-Fahrplan verabschiedet
Brüssel (dpa) - Mit Beratungen über außenpolitische Krisen wie Syrien setzen die EU-Staats- und Regierungschefs heute ihr Gipfeltreffen in Brüssel fort. Mit neuen Grundsatzentscheidungen wird aber nicht gerechnet.
Das zweitägige Spitzentreffen soll gegen Mittag enden.
Die EU ist tief besorgt über die sich zunehmend verschlechternde Lage in Syrien und den möglichen Einsatz von chemischen Waffen in dem Bürgerkriegsland. Die EU-Außenminister hatten erst zu Wochenbeginn beschlossen, den syrischen Oppositionsblock politisch aufzuwerten.
In der Nacht hatten sich die Staatenlenker auf einen Fahrplan für Reformen geeinigt, um die Eurozone krisensicher zu machen. Nach Worten von Bundeskanzlerin Angela Merkel soll bis Juni geklärt werden, wie mit einer verbesserten wirtschaftspolitischen Koordinierung die Staaten wettbewerbsfähiger gemacht werden. Wenn es dazu Veränderungen des EU-Vertrags geben müsse, sei dies allerdings nicht vor den Europawahlen 2014 realistisch.
Frankreichs Staatspräsident François Hollande zog ein positives Resümee: „Die Ergebnisse sind da. Das Vertrauen kann zurückkehren. Auf den Märkten hat es sich bereits gezeigt.“
Die von den EU-Finanzministern am Vortag auf den Weg gebrachte Bankenaufsicht macht es Merkel zufolge erforderlich, auch den rechtlichen Rahmen für die Abwicklung von maroden Geldhäusern zu schaffen. Darauf habe EZB-Chef Mario Draghi hingewiesen. Dabei gelte das Prinzip, dass dies nicht auf Kosten der Steuerzahler geschehen dürfe. Die Kommission solle jetzt Richtlinien für die nationale Bankenabwicklung und für einen Einlagensicherungsfonds auf nationaler Ebene erarbeiten. „Es geht darum, dass die Steuerzahler nicht die Zeche zahlen müssen“, sagte EU-Kommissionspräsident José Manuel Barroso. Seine Behörde wird im nächsten Jahr einen Vorschlag für den Abwicklungsmechanismus vorlegen.
Auf die lange Bank geschoben wird der Vorschlag von Gipfelchef Herman Van Rompuy zur Schaffung eines Eurozonen-„Haushalts“ zur Abfederung von Finanzschocks. Die EU-Staats- und Regierungschefs würden sich auf rasch umsetzbare Reformen zur Vertiefung der Eurozone konzentrieren, sagte Van Rompuy.
Berlin und andere Hauptstädte hatten sich zuvor offen gegen das Langfrist-Vorhaben gewandt. In der Abschlusserklärung des ersten Gipfeltages ist nur noch von nicht genauer beschriebenen „Solidaritäts-Mechanismen“ die Rede, um Reformanstrengungen der Staaten zu unterstützen. Merkel sprach von einem begrenztem Budget von 10 bis 20 Milliarden Euro. Eine Aufweichung der Stabilitätskriterien werde es aber nicht geben.
Für direkte Finanzspritzen des Euro-Rettungsschirms ESM an marode Banken soll im ersten Halbjahr 2013 der Rahmen beschlossen werden. Diese bisher nicht mögliche Rekapitalisierung soll möglich sein, wenn die gemeinsame Bankenaufsicht steht.
Über die Nachfolge von Eurogruppen-Chef Jean-Claude Juncker wurde nach Worten von Kanzlerin Merkel nicht gesprochen. Eine Entscheidung darüber werde Anfang des nächsten Jahres getroffen. Luxemburgs Premier selbst rechnet nicht damit, rasch einen Nachfolger an der Spitze der Euro-Kassenhüter zu bekommen. Es müsse zuerst klar sein, ob der Posten als hauptamtlich deklariert werde oder nicht, sagte er nach den Beratungen des EU-Gipfels.
Er habe mit EU-Ratspräsident Van Rompuy über Namen gesprochen, aber nicht über Prozeduren. Er glaube nicht, dass es eine Verständigung auf die Spitzenpersonalie bis Ende des Jahres geben werde. Juncker, der seit 2005 die Eurogruppe führt, hatte angekündigt, das Amt Ende Januar vorzeitig aufgeben zu wollen.
Merkel wies entschieden Berichte zurück, wonach sie sich für eine erneute Kandidatur des amtierenden italienischen Ministerpräsidenten Mario Monti ausgesprochen habe. „Ich werde mich als deutsche Regierungschefin nicht einmischen“, sagte sie. Zugleich betonte sie, Monti habe in den letzten Monaten „sehr hilfreiche Arbeit“ geleistet, die das Vertrauen in Italien zurückgebracht habe.