Experte: „Wenn es mal regnet, dann regnet es richtig“
Offenbach (dpa) - Es herrscht Land unter in vielen Gegenden Deutschlands. War dieses Hochwasser abzusehen? Ist der Klimawandel schuld? Thomas Deutschländer ist Klimaexperte beim Deutschen Wetterdienst (DSW) in Offenbach.
Er weiß Antworten auf solche Fragen.
Welche Wetterlage hat diese hohen Regenmengen erzeugt?
Deutschländer: „Das war doch eine etwas ungewöhnliche Wetterlage. Wir hatten seit längerer Zeit ein "abgeschlossenes Höhentief" über Mitteleuropa, deswegen war es auch so kühl und feucht. Dann ist dieser "Trog" leicht nach Osten gezogen. Dadurch kam aus Nordosten - was ungewöhnlich ist - wärmere Luft nach Deutschland. An dieser Luftmassengrenze kam es zu extrem starken Niederschlägen.“
Warum war das Ausmaß trotz aller Vorhersagen doch überraschend?
Deutschländer: „Aus meiner Sicht haben wir das recht gut vorhergesagt. Wir haben ja auch gewarnt. Es war fast eine Woche vorher abzusehen, dass es sehr große Regenmengen geben wird. Aber en detail dürfen Sie das von der Meteorologie nicht erwarten: Das kann man nicht.“
Wo liegen denn die Grenzen der Vorhersagbarkeit?
Deutschländer: „In der genauen Menge und in der genauen Lage der Niederschläge. Wir können sehr gut sehen, dass es zu ergiebigen Niederschlägen kommen wird. Aber wie stark genau, das hängt von so vielen kleinsten Prozessen in der Atmosphäre ab - um nicht zu sagen von Zufällen. Das gleiche gilt für die Lage: Da machen 50 Kilometer ja einen Unterschied zwischen zwei Fluss-Einzugsgebieten aus.“
Sind solche Regenmengen untypisch für Anfang Juni?
Deutschländer: „Dass solche Niederschläge eher in der Sommerhälfte passieren, ist für unsere Breiten nicht ungewöhnlich. Im Winter gibt es zwar häufiger Dauerregen-Lagen - aber wenn sie im Sommer auftreten, dann sind sie mit mehr Niederschlägen verbunden.
Es gibt einen ganz einfachen Zusammenhang: Je wärmer die Luft ist, desto mehr Wasser kann sie aufnehmen - und entsprechend kann's auch mehr rausregnen.“
Müssen wir uns für die Zukunft auf solche Wetterlagen einstellen?
Deutschländer: „Es sind Einzelereignisse, damit muss man immer rechnen, aber man kann niemals aus einem Einzelereignis etwas statistisch prognostizieren. Wir können erst von Klimawandel reden, wenn wir feststellen, dass so etwas häufiger passiert. Ein Einzelereignis sagt wenig bis gar nichts aus.“
Hat das Hochwasser etwas mit dem Klimawandel zu tun?
Deutschländer: „Die Hauptaussage des Klimawandels ist ja, dass es wärmer wird. Das hat zur Folge, dass die Luft mehr Feuchtigkeit aufnehmen kann. Unter Laborbedingungen müsste es also zu mehr Niederschlägen kommen. Das ist aber nicht zwingend so, weil sich zum Beispiel auch der Grad der Bedeckung ändern kann. Generell gehen wir davon aus, dass die Winter in Deutschland wärmer und feuchter werden. Im Sommer soll es wärmer werden, aber eigentlich trockener. Es gibt Anzeichen dafür, dass wenn es mal regnet, dann regnet es richtig.“