Fragen & Antworten: Wie Bildungstests funktionieren
Berlin (dpa) - Es ist das gewohnte Bild: Wie bei fast jedem anderen Schulleistungsvergleich liegen auch diesmal die Südländer vorn - und die Stadtstaaten Berlin, Bremen und Hamburg hinten.
Bildungsexperten raten seit Jahren, nicht ganze Bundesländer miteinander zu vergleichen sondern besser Regionen mit ähnlichen Wirtschaftsstrukturen und Problemlagen. Also etwa Berlin mit dem Ruhrgebiet, wegen der hohen Ausländerquoten unter den Schülern, oder ländliche Gebiete im Osten mit denen im Westen, wegen Abwanderung und Bevölkerungsrückgang. Erstmals gibt es im neuen Test jetzt zumindest eine bundesweite Großstadtquote für Städte mit mehr als 300 000 Einwohnern. Dies soll künftig noch ausgeweitet werden.
Was wurde diesmal getestet?
Das bundesländereigene Institut für Qualitätsentwicklung im Bildungswesen (IQB) an der Berliner Humboldt-Universität untersuchte im Frühjahr 2011 die Leistungen von mehr als 30 000 Viertklässlern. Es ging um das Lesen, um die Fähigkeit zuzuhören und daraus Informationen aufzunehmen, um Orthografie und um Mathematik. Dazu waren bundesweit über 1300 Grund- und Förderschulen ausgelost worden. Basis für die Aufgaben bildeten die von den Kultusministern vereinbarten Bildungsstandards für die vierte Grundschulklasse. Es war der erste Testdurchlauf dieser Art.
Welche Schulleistungs-Untersuchungen gibt es noch?
Der „Klassiker“ ist die weltweite PISA-Studie der Organisation für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung (OECD). Des weiteren gibt es noch die internationale IGLU-Grundschulstudie und die internationale TIMSS-Untersuchung mit den Schwerpunkten Mathematik und Naturwissenschaften - sowohl für die Grundschule als auch für die achten Klassen. Allerdings haben die Kultusminister seit 2006 bei PISA und IGLU die zuvor üblichen Bundesländervergleiche gestoppt. Deutschland macht zwar bei den internationalen Studien weiter mit, aber nur noch mit einer kleineren nationalen Stichprobe, also ohne Bundesländer-Ranking. Neue IGLU und TIMSS-Ergebnisse gibt es am 11. Dezember 2012, die neue PISA-Studie ist für Dezember 2013 terminiert.
Was war der Grund für den deutschen Stopp?
Darüber lässt sich nur spekulieren: Die Kultusminister können diese politisch brisanten Bundesländervergleiche auf der Basis ihrer vereinbarten Bildungsstandards sicherlich besser steuern. Zuvor war es vor allem mit den internationalen PISA-Forschern wegen der ungünstigen deutschen Chancengleichheitswerte und der Schulstrukturfrage immer wieder zu Konflikten bei der Interpretation der Daten gekommen.
Was sind Bildungsstandards?
Bildungsstandards beschreiben, was ein Schüler am Ende der jeweiligen Jahrgangsstufe können soll. Sie gelten für Lehrer als pädagogische Zielvorgabe und haben damit quasi die alten Lehrpläne abgelöst. Die Vereinbarung der Kultusminister über diese bundeseinheitlichen Bildungsstandards war eine Konsequenz aus dem ersten PISA-Schocks von 2001, als das miserable deutsche Abschneiden bei dem weltweiten Vergleichstest die Öffentlichkeit erschütterte.
Unterscheiden sich die Schwerpunkte der Tests?
Die IQB-Forscher halten den IGLU-Bundesländervergleich von 2006 und ihre neue Untersuchung nur für „bedingt vergleichbar“. Bei den deutschen Bundesländervergleichen wird vor allem ermittelt, wie weit die Schüler das mit den Bildungsstandards vorgegebene Lernniveau tatsächlich auch erreicht haben - und wo nachgesteuert werden muss. Bei den internationalen IGLU- wie auch den PISA-Aufgaben steht nach Darstellung der Veranstalter die Frage im Vordergrund, ob und wie vorhandenes Wissen auch im Alltag eingesetzt werden kann. Ist der Schüler zum Beispiel in der Lage, Gelesenes zu reflektieren und dieses auch zu nutzen, um sich in der Gesellschaft zurecht zu finden. Gleichwohl gibt es bei den Aufgaben aller Studien Überschneidungen.
Was wird noch ermittelt?
Alle Studien fragen nach dem sozialen Umfeld, wie es etwa um die Chancengleichheit für Kinder aus bildungsfernen Elternhäusern bestellt ist. Auch wird untersucht, wie Kinder von Migranten bildungsmäßig gefördert werden. Die neue IQB-Studie thematisiert zudem auch die Fort- und Weiterbildung der Lehrer, welche Angebote sie nutzen insbesondere auch mit Blick auf die neuen Bildungsstandards.