Länder wollen Schulleistung besser vergleichbar machen
Berlin (dpa) - An deutschen Schulen soll es nach dem Willen der Kultusminister künftig über die Bundesländer-Grenzen hinweg mehr Einheitlichkeit beim Lernniveau geben.
Das versicherte der Präsident der Kultusministerkonferenz, Ties Rabe (Hamburg/SPD), bei der Präsentation eines neuen Bundesländervergleichs für die Grundschulen am Freitag in Berlin. Auch der neue Vergleich offenbart ein starkes Leistungsgefälle zwischen Süd- und Norddeutschland - diesmal bei den Schülern der vierten Klasse. In den drei getesteten Disziplinen - Lesen, Zuhören, Mathematik - dominieren in der Spitze überwiegend Länder aus dem Süden, allen voran Bayern.
Danach folgt im Länderranking ein sehr breites Mittelfeld mit nur knappen Punktunterschieden. Erhebliche Probleme in nahezu allen Bereichen haben dagegen die Stadtstaaten Berlin, Bremen und Hamburg. So sind Grundschüler aus Bayern den Gleichaltrigen aus Berlin in Mathematik bereits über ein Schuljahr voraus.
Seit dem Pisa-Schock vor gut zehn Jahren und dem schlechten deutschen Abschneiden im internationalen Leistungsvergleich sei viel verbessert worden, sagte Rabe. Jetzt müsse verstärkt nach den Ursachen der nach wie vor bestehenden Länder-Unterschiede geforscht werden.
Die Autoren der Studie vom Institut für Qualitätsentwicklung im Bildungswesen (IQB) verwiesen auf die unterschiedliche soziale und wirtschaftliche Ausgangslage in den Ländern. Gleichwohl gebe es Bundesländer, die zum Beispiel bei der Leseförderung von Kindern aus bildungsfernen Elternhäusern erfolgreicher seien als andere. Als Musterbeispiel wird hier erneut Sachsen herausgestellt - während zum Beispiel die Förderung von Migrantenkindern in Mathematik in Rheinland-Pfalz und im Saarland gut gelingt. „Wir wollen alle mehr voneinander lernen“, versicherte Rabe.
„Die Mobilität von Familien über die Bundesländergrenzen hinweg ist ein Grundrecht“, sagte Bayerns Kultusminister Ludwig Spaenle mit Blick auf die Schwierigkeiten von Kindern beim Schulwechsel von einem Bundesland ins andere. Er regte einen Länder-Staatsvertrag an. Die rheinland-pfälzische Bildungsministerin Doris Ahnen (SPD) warnte davor, allein nur auf die Leistungsergebnisse zu schauen. „Wir brauchen bundesweit ein gutes und hohes Lernniveau. Wir müssen aber auch für soziale Gerechtigkeit in der Bildung sorgen.“
Für den ersten rein innerdeutschen Grundschul-Leistungsvergleich wurden im vergangenen Jahr mehr als 30 000 Viertklässler an über 1300 Grund- und Förderschulen getestet. Anders als bei den internationalen Schulleistungsstudien Pisa, Iglu und Timss wurden die Testaufgaben für den nationalen Vergleich allein aus den von den Kultusministern verabredeten neuen bundesweiten Bildungsstandards entwickelt. Sie beschreiben, was ein Schüler am Ende der jeweiligen Jahrgangsstufe können soll.
In allen Bundesländern besteht nach wie vor eine hohe Abhängigkeit von sozialer Herkunft und Bildungserfolg. In Bayern haben Akademikerkinder gegenüber Arbeiterkindern beim Lesen einen Kenntnisvorsprung von eineinhalb Schuljahren. Offenbar gelinge es in Bayern besser als in anderen Bundesländern, ohnehin schon gute Schüler noch stärker zu fördern, sagte IQB-Direktor Hans Anand Pant. Ein ähnliches Leistungsgefälle zwischen Kindern aus vermögenden und armen Elternhäusern gibt es bundesweit in den Großstädten mit mehr als 300 000 Einwohnern.
Die Untersuchung bestätigt frühere Erkenntnisse, wonach Jungen besser rechnen, die Mädchen dagegen besser lesen und schreiben können. Dies wird besonders bei der Orthografie deutlich. Dort sind die Mädchen den Jungen im Bundesschnitt ein halbes Schuljahr voraus. Grundschüler, deren Eltern beide im Ausland geboren wurden, hinken im Schnitt gegenüber deutschen Gleichaltrigen beim Lesen ein Schuljahr hinterher.
Bundesweit erreichen 12 Prozent der Viertklässler nicht die von den Kultusministern vorgegebenen Mindeststandards beim Lesen. In Bremen und Berlin liegt der Anteil dieser „Risikoschüler“ bei über 20 Prozent. Die Studie förderte auch zutage, dass 90 Prozent der Lehrkräfte an Grundschulen Frauen sind. 50 Prozent aller Lehrkräfte sind älter als 50 Jahre.